Belarus

Polnischer Botschafter verlässt Weißrussland


von Olaf Sundermeyer (E-Mail: Olaf.Sundermeyer@rbb-online.de, Tel.: 0048 / 663 261 937, Mobil: 0173 / 77 14 626)

GRODNO/WARSCHAU. Eigentlich ist der polnische Außenminister Adam Rotfeld ein freundlicher sanftmütiger Mann, der sich auch als international anerkannter Konfliktforscher um die Streitigkeiten anderer kümmert. Aber wenn es um Alexander Lukaschenko geht, ballt auch Adam Rotfeld die Fäuste – auf diplomatische Art. Jetzt hat der Außenminister seinen Botschafter aus Weißrussland abgezogen, wo der „unverbesserliche Diktator Lukaschenko“ seit Monaten Stimmung gegen die Polen im Lande macht. Über das Staatsfernsehen ließ er verbreiten, sie planten einen bewaffneten Aufstand und erklärte sie zu Feinden Weißrusslands. Immerhin 400.000 Polen leben in Weißrussland.

Das Zentrum der polnischen Minderheit ist Grodno, eine weißrussische Kleinstadt im Westen Weißrusslands. Polizisten hatten vor zwei Tagen den gelben Backsteinbau besetzt und drei Mitglieder des dort ansässigen Verbandes der Polen in Weißrussland festgenommen, darunter auch einen Redakteur der Minderheitenzeitung „Glos“ (Die Stimme). Weitere Journalisten der renommierten polnischen Tageszeitung „Gazeta Wyborcza“ wurden für mehrere Stunden festgesetzt. Der Vorsitzenden des Verbandes, Andzelika Borys, wurde ihr Amt aberkannt. „Vorübergehend“ übernahmen staatliche Autoritäten die Leitung der Vereinigung, die in den vergangenen Monaten immer stärker unter Druck geraten war. Andrzej Pisalnik, Chefredakteur von „Glos“ spricht ängstlich, mit zittriger Stimme, weil das gelbe Haus seit Monaten von KGB-Spitzeln observiert wird, unter dessen Spitzdach die Redaktion kauert. „Bei jedem Kommentar muss ich eine Geldstrafe fürchten“, sagt Pisalnik. Und nun kamen sie rein ins Haus, die Männer vom KGB.

„Diese Polen wollen unser Land destabilisieren“, lässt der weißrussische Präsident Lukaschenko immer wieder verbreiten. Vor ein paar Wochen hatte er wegen dieses Vorwurfs erst den Stellvertretenden Botschafter Polens des Landes verwiesen. Der weißrussische Präsident scheint Unruhen und orangene Revolutionen ebenso zu fürchten wie selbstbewusste Minderheiten. Während dessen gibt es im ganzen Land eine breite Unterstützung, sowohl für die polnische Minderheit als auch für Regimekritiker. Die größte polnische Tageszeitung „Fakt“ berichtet aktuell auf drei Seiten aus Grodno, auf der letzten Seite zeigt ein „Pin-up-Mädchen“ dem weißrussischen Diktator ihren nackten Hintern. Und in den Redaktionsräumen des großen konservativen Nachrichtenmagazins „WPROST“ versammelten sich kürzlich 24 weißrussische Journalisten, um mit Vertretern der US-Botschaft in Polen über „demokratische Strukturen“ in Weißrussland zu diskutieren. Auch deutsche Organisationen kümmern sich von Warschau aus um Belange der polnischen Minderheit, Oppositionelle und ein bürgerliches Wahlbündnis werden unterstützt. Das weiß auch Alexander Lukaschenko, der sich im nächsten Jahr ein weiteres Mal wählen lassen möchte.

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