Neue Revolutionsbewegung?
Noch ist unklar, wie das Blutbad in Andischan seinen Lauf nahm, und was hinter den immer noch andauernden Demonstrationen im Osten Usbekistans steckt: Sind es spontane Erhebungen einzelner, regionaler Gruppen? Steckt eine neue Revolutionsbewegung dahinter, so wie in Georgien, in der Ukraine und zuletzt im usbekischen Nachbarstaat Kirgisien? Oder handelt es sich, wie der usbekische Präsident Islam Karimow versichert, um Anschläge islamistischer Extremisten? Fragen, auf die es vorläufig keine Antworten geben kann.
Eines aber steht fest: Mit seinem brutalen Vorgehen gegen unbewaffnete Demonstranten hat Karimow die letzte Glaubwürdigkeit als Demokrat verspielt. Das schreiben jetzt sogar die russischen Medien, ihrem Außenminister Sergej Lawrow zum Trotz, der allzu bereitwillig die Terrorismus-These des usbekischen Präsidenten untermauerte.
Russlands Präsident Wladimir Putin hat sich derweil noch nicht eindeutig zur Situation in Usbekistan geäußert, obwohl er mit Karimow in ständigem Telefonkontakt steht. Viel wird von Putins Reaktion abhängen: In Georgien, der Ukraine und Kirgisien konnte sich der Kremlherr trotz internationalem Gegenwind noch halbwegs unbekümmert hinter die alten Eliten stellen. Im Falle Usbekistans wird ihm das schwerer fallen – denn im Gegensatz zu den bedrängten Herrschern Schewardnadse, Kutschma und Akajew hat Karimow den Umsturzversuch in seinem Land nicht mit politischen Intrigen, sondern mit nackter Gewalt beantwortet. Wenn Putin nun seinen usbekischen Kollegen protegiert, dürfte sein international ohnehin angeschlagenes Image endgültig in den Keller sacken.