Der Sturz des tschechischen Premiers Gross
Der Sturz des tschechischen Premiers Gross
Der tiefe Fall des einst populärsten tschechischen Politikers
Von Katerina Krausova aus Prag
(Mail: krausova@post.cz; Tel: 00420-602-459 291)
Die politische Karriere von Stanislav Gross begann mit der samtenen Revolution. Als zwanzigjähriger Absolvent der Verkehrshochschule trat er noch im Jahr 1989 in die Sozialdemokratische Partei ein. Schon im Jahr 1992 wurde er Abgeordneter des damals noch tschechoslowakischen Parlaments. Im Unterhaus blieb er bis Jahr 2004, bis er den damaligen Ministerpräsidenten und heutigen EU-Kommissar Vladimir Spidla nach dem sozialdemokratischen Krach bei Europawahl ersetzte und eine neue Regierung bildete.
Nach dem politischen Raketenstart wurde Gross die rechte Hand des ehemaligen Parteivorsitzenden Milos Zeman und schon bald als Kronprinz der Sozialdemokratie Tschechiens bezeichnet. 2000 im Alter von nur 31 Jahren wurde er der Vize-Chef der Sozialdemokraten Tschechiens. Jahrelang war er der beliebteste Politiker Tschechiens. Er konnte die Medien bedienen, achtete auf sein Image als braver Schwiegersohn von nebenan – ein Saubermann: der einfache Bube aus der Nachbarschaft, fleißig und einer, der nach der Schicht gerne Fußball spielt.
1999 verziehen ihm seine Anhänger noch großzügig, dass er für eine Wahlkampagne ein Handy benutzte, das ihm eine private Werbeagentur bezahlt hatte. Sorgen machte auch immer wieder seine Ehefrau Sarka. Sie geriet vor etwa drei Jahren in einen Interessenkonflikt, als sie für eine Konzertagentur des bekennenden Kommunisten und Musikproduzenten Frantisek Janecek um Sponsoren warb. Unter den angesprochenen Firmen waren einige ehemalige Staatsunternehmen, die gerade privatisiert wurden. Im selben Jahr fuhr Sarka plötzlich kostenfrei einen nagelneuen Audi – wer der edle Spender war, war nicht bekannt. Zufällig entschied ihr Gatte aber einige Monate zuvor, dass das Unternehmen 18 tschechische Regierungswagen stellen durfte.
Die letzte Affäre brachte das Fass zum Überlaufen und war der Auftakt für die derzeitige Prager Regierungskrise. Anfang Januar berichtete erstmals eine tschechische Zeitung, dass der Premier sich für rund vier Millionen Kronen (ca 150.000 Euro) eine Wohnung in einem edlen Vorort der Hauptstadt gekauft hatte. Von einem Politikergehalt eine unmögliche Anschaffung. Er ließ verlauten, ein Onkel hätte ihm das nötige Geld geliehen. Der aber war ein armer Pensionär. So ist bis heute offen, wer tatsächlich den Kauf finanziert hat. Ehefrau Sarka setzte wiederum eins drauf. Sie hatte mit einem Bankkredit ein Haus gekauft, für das eine Bekannte bürgte. Dumm nur, dass als Bürgschaft wiederum eine Immobilie diente, in der ein Bordell untergebracht ist.
So sanken in den vergangenen drei Monaten die Popularitätswerte des Ministerpräsidenten auf ein Rekordtief: Nur noch etwa zehn Prozent der Bevölkerung stehen hinter ihm. Doch trotz der Regierungskrise und der miesen Umfrageergebnisse wurde Gross Ende März erstmals zum Vorsitzenden der sozialdemokratischen Partei gewählt. Auf dem Parteitag stimmten 53 Prozent der tschechischen Genossen für Gross. Für den Erfolgsverwöhnten war die knappe absolute Mehrheit seine bisher größte Niederlage.
*** ENDE***
Katerina Krausova