Estlands Regierung am Ende
Tallinn (n-ost). Der estnische Ministerpräsident Juhan Parts hat am Montag seinen Rücktritt angekündigt. Mit den Worten „Die Zeit dieser Regierung ist vorbei“ beendete Parts die aus drei Parteien bestehende Mitte-Rechts-Koalition, die das nordbaltische Land seit 2003 regierte. Vorangegangen waren zahlreiche Querelen zwischen den Koalitionspartner, die zu Rücktritten und Entlassungen von Ministern geführt hatten.
Nachdem im November bereits der Verteidigungsminister Margus Hanson und im Februar die Außenministerin Kristiina Ojuland gehen mussten, schied zuletzt Justizminister Ken-Marti Vaher aus seinem Amt. Bei einem Misstrauensvotum durch das Parlament, in dem das bürgerliche Lager eine deutliche Mehrheit hat, wurde Vaher aufgrund eines umstrittenen Gesetzes zur Bekämpfung der Korruption abgewählt. Der Vorschlag des Ministers, eine jährliche Mindestzahl von Staatsbeamten festzulegen, die wegen Korruptionsverdachts angeklagt werden sollen, wurde nur noch von Parts Partei Res Publica unterstützt, während Koalitionspartner und Opposition das Gesetz als „undemokratisch“ zurückgewiesen haben. Für den Misstrauensantrag hatten 54 von 101 Abgeordneten gestimmt.
Bereits die Affäre um Außenministerin Kristiina Ojuland, die vom estnischen Staatspräsidenten Arnold Rüütel im Februar von ihrem Posten entbunden worden war, hatte die Regierungskoalition in eine Krise gebracht. Die Entlassung Ojulands wurde vorangetrieben nachdem eine Routineüberprüfung durch die Sicherheitspolizei ergeben hatte, dass über 90 vertrauliche Akten aus dem Außenministerium verschwunden waren. Bereits zu diesem Zeitpunkt hatten Vertreter der mitregierenden Reformpartei auch die Entlassung von Parts verlang und mit einem Misstrauensvotum gedroht.
Die Koalition von Res Publica, Reformpartei und Volksunion war seit 2003 im Amt und führte Estland im Mai 2005 erfolgreich in die EU. Seit der Unabhängigkeit Estlands 1991 hat es keine Regierung geschafft, eine volle Legislaturperiode von vier Jahren durchzuhalten.
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