Mit viel Kitsch in den Frühling
von Laura Capatana Juller (E-Mail: lakapa@yahoo.com, Tel.:0040-721-92 62 54)
Klausenburg / Cluj-Napoca (n-ost). Eine einfache Schnur, aus weißer und roter Wolle zusammen geflochten, an der eine durchlöcherte Münze befestigt – so sieht seit Jahrhunderten schon der rumänische Glücksbringer aus. Oder, zumindest glauben die Rumänen fest daran, dass es so sei. Denn das so genannte „Märzchen“, die rot-weiße Schnur mit der Münze dran, soll eine magische Wirkung auf ihren Träger haben. Kinder, Jungfrauen und Frauen sollen das Band ab dem 1. März, dem Frühjahrsbeginn in der Region, am Handgelenk und später am Hals tragen. Der Volksmund meint, sie werden dann so stark, wie das goldene oder silberne Metall, das sie tragen.
Das „Märzchen“ wurde schon früher zwei Monate lang getragen. Danach wäscht man die Münze mit Milch, auf dass das Gesicht des Besitzers einen edlen weißen Teint behält – die Voraussetzung für eine erfolgreiche Hochzeit, so der Volksmund. Mit dem Geldstück wird eigens dafür Wein gekauft. Die Schnur hängt man an den ersten aufgeblühten Baum. Legte sich der Tau auf sie, war das ein Indiz für das künftige Glück des Besitzers.
Unzählige Varianten über die Geschichte des „Mărţişor“, Diminutiv von „Martie“ (auf Deutsch März), liegen vor. Jede Region aus Rumänien hat ihre eigenen, mitunter sehr verschiedenen Varianten. Doch fest steht, dass dieses besondere Amulett den Frühling ankündigt und Glück bringen soll.
Im Laufe der Jahre hat das „Märzchen“ seine Magie verloren. Aus dem Halsschmuck wurde ein schnödes ritualisiertes Geschenk, ähnlich wie die Mainelke zum Frauentag. Frauen tragen heute verkitschte Variationen des Märzchens an der Brust. So wurde der Frühlingsbote ein Geschäft, eine Industrie. Von der jahrhunderte alten Tradition blieb nur noch die Schnur übrig.
Heute sind Kleeblätter, Hufeisen aus Blech oder kleine Keramikschweinchen der Renner. Auch Plastikblumen in Nylonfolie sind beliebt. Sie alle verbindet das rot-weiße Band, der einstige Glücksbote.
Die Markstände auf rumänischen Straßen quellen dieser tage förmlich über mit dem Kitsch, der angeblich den Frühling ankündigen soll. „Märzchen“ gibt es hunderten Varianten, alle kosten etwa soviel wie eine Brezel – die Händler versprechen dazu das rot-weiße vom Himmel – und wie jedes Jahr, gelingt ihnen das prächtig!
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