Georgischer Ministerpräsident tot
Zu spät kamen gestern im Morgengrauen die Leibwächter des georgischen Ministerpräsidenten Surab Shwania. Nachdem sich Shwania, der sich in der Wohnung eines Freundes aufhielt, nicht mehr bei seiner vor dem Haus wartenden Leibgarde gemeldet hatte, brachen die Männer durch ein Fenster in die Wohnung ein. Der 41jährige Schwania saß tot im Sessel, wahrscheinlich an einer Kohlendioxid-Vergiftung gestorben. Die georgische Polizei schließt zu diesem Zeitpunkt einen Mord aus. Es sei ein Unfall gewesen, teilt der Minister für Polizei und öffentliche Sicherheit, Wano Merabischwili, mit. Tot ist auch der Freund, den Schwania in jener Nacht besuchte, es ist der stellvertretende Gouverneur der georgischen Provinz Kartli, Raul Usupow. Ihn ereilte das Sterben in der Küche.
Schuld an dem Tod der beiden Männer ist nach bisherigen offiziellen Angaben ein iranisches Gasheizungsgerät, das erst vor zwei Tagen in der Wohnung installiert worden und aus dem Kohlendioxid ausgetreten war. Ganz aber scheint auch die georgische Regierung nicht von einem Unfall überzeugt zu sein. Präsident Mikhael Saakashwili, der sich am Morgen erschüttert über den Tod seines politischen Weggefährten äußerte, verhängte eine Nachrichtensperre und verbot Gespräche mit Journalisten. Nach georgischem Recht führen Tod oder Rücktritt des Premiers zu einem automatischen Rücktritt des gesamten Kabinetts. Die Aufgaben des Premiers übernimmt der Vizepremier. Dieser ist der georgische Staatsminister für europäische Angelegenheiten, Giorgi Baramidze. Namen zur Neubesetzung des Amtes wurden gestern in der georgischen Hauptstadt Tiflis noch nicht genannt.
Gemeinsam mit dem heutigen georgischen Präsidenten Saakashwili begründete Shwania die Oppositionspartei Demokratische Nationale Bewegung. Als Troika mit der heutigen Parlamentssprecherin Nino Burdschanadze durchstanden sie im Spätherbst 2003 die Rosenrevolution, die zum Sturz von Eduard Schewardnadse führte und Saakshwili an die Macht brachte. Durch eine anschließende Verfassungsänderung wurde erstmals seit der georgischen Unabhängigkeit 1991 das Amt eines georgischen Ministerpräsidenten geschaffen. Im Januar 2004 ernannte Saakashwili seinen Mitrevolutionär Shwania auf diesen Posten. Shwania kündigte den Kampf gegen die Korruption an, versprach Wirtschaftswachstum und eine Lösung der Konflikte mit Abchasien und Süd-Ossetien. In Georgien galt er als Dickkopf und Stratege, der auch dann noch Gespräche führte, wenn die Verhandlungen eigentlich festgefahren waren. Georgiens Präsident jedenfalls hat mit Shwania seine wichtigste Stütze verloren.
Zurab Schwania hinterlässt eine Frau und drei Kinder. Er war studierter Biologe, wurde in den späten 80ern Sprecher der georgischen Grünen, seit 1992 hatte er politische Aufgaben im Umweltsektor. Von 1995 an war er Parlamentssprecher von Georgien, von diesem Posten trat er 2001 zurück, als Sicherheitskräfte die Räume des privaten georgischen Fernsehsenders Rustavi2 durchsuchten und Mitarbeiter bedrohten. Schon kurz nach seinem Amtseintritt konnte sich Shwania durch Verhandlungsgeschick in der Krise um die georgische Schwarzmeer-Provinz Adschara profilieren. Dort trat er als umsichtiger Gesprächspartner auf. Im Oktober 2004 reiste er in die abtrünnige Kaukasus-Republik Südossetien, als ein seit zwölf Jahren schwelender Konflikt mit Georgien in kriegerische Auseinandersetzungen umzuschlagen drohte. Auf seiner Reise wurde er in seinem Auto beschossen, blieb jedoch unverletzt.
Zuletzt war Shwania in der Öffentlichkeit mit einer scharfen Verurteilung des Autobombenanschlags in der Stadt Gori aufgetreten. Dort hatten Unbekannte Ende Januar ein Attentat auf das Polizeipräsidium verübt und sechs Menschen getötet.