Das kleine Gebirge an der Küste
Danzig (n-ost). Ein dichter Wald, vom Schnee gebeugte Bäume und leuchtend weiße Wege. So sieht Szymbark im Winter aus. Selbst wenn im 50 Kilometer entfernten Danzig kaum Schnee auf den Strassen liegt, herrscht in diesem kleinen Dorf im Hügelland der Kaschubei tiefster Winter. Von einem kleinen Platz am Waldrand brechen jede Stunde drei, vier Pferdegespanne auf. Der Kutscher treibt die beiden kräftigen Pferde an, die einen großen Schlitten ziehen, und an diesem hängen noch einmal sieben bis zehn kleinere Schlitten.
Wioletta aus der Nähe von Danzig kommt mit ihrer Familie im Winter beinahe jedes Wochenende nach Szymbark – der Schlittenfahrten wegen. „Wir fahren immer mit unseren Bekannten. Im letzten Jahr haben wir eine riesig große Schlittenfahrt organisiert mit einer Kaschubischen Kapelle und mit Glühwein.“ Wioletta mag die herzlich-lockere Art der Einheimischen. „Wir singen auf kaschubisch. Es ist prima!“
Die Kaschubei grenzt im Westen an die Hafenstadt Gdansk (Danzig) mit ihren Schwesterstädten Sopot und Gdynia. Die kaschubische Schweiz, ein sanftes Hügelland gehört dazu, aber auch ein Stück Ostseeküste mit der Halbinsel Hel und der atemberaubenden Dünenwelt des Nationalparks Leba. Die Kaschuben sind eine in Polen anerkannte Minderheit. Ihre Sprache hat slawische Wurzeln, in diese sind aber im Laufe von Jahrhunderten viele deutsche Wörter eingesickert. Es gibt eigene kaschubische Gymnasien und eigene Traditionen, die seit einigen Jahren wieder liebevoll gepflegt werden. Der Schriftsteller Günter Grass stammt in mütterlicher Linie von Kaschuben ab. Dass auch ihm das Schlittenfahren im Blute lag, weiß man aus Schilderungen in seinem Buch „Hundejahre“.
Nach einer Stunde Fahrt durch den winterlichen Wald wärmen sich die Gruppen an einem Lagerfeuer. Sie spießen Würstchen an langen Stöcken auf, braten sie und trinken Tee, Glühwein oder Schnaps aus kleinen Thermoflaschen. Zur kaschubischen Tradition gehört auch das Tabakschnupfen. „Darum soll jeder der hierher kommt, wenigstens einmal Tabak schnupfen“, sagt Jan, ein Knutscher aus Szymbark. Als traditionsbewusster Kaschube hat er immer ein Kästchen mit Schnupftabak dabei. „Wer keinen Tabak schnupft, zählt nicht“, sagen die Kaschuben. Die Tabakkästchen fertigen die Kaschuben selbst aus Rinderhorn an. Aus dem selben Naturmaterial basteln sie auch Schmuck, Ohrringe und kleine Anhänger.
Den Städtern gefallen die kaschubischen Sitten, die Landschaft und das sonderbare Mikroklima. „Hier haben wir einen Winter wie in der Tatra und das ganz nahe an der Ostseeküste“, wundert sich Piotr aus dem nahen Gdynia. Während die Familien Schlitten fahren, nutzen die jungen Leute die Gelegenheit zum Skilaufen oder Snowbordfahren. Denn ganz in der Nähe liegt der größte Berg der Kaschubei, die „Wiezyca“. Nur 329 Meter zählt die Erhebung und verfügt dennoch über einen Skilift.
Die Preise in der Kaschubei sind immer noch vergleichsweise niedrig. Eine Schlittenfahrt kostet beispielsweise rund zwei Euro pro Person. Für die Einwohner des Dörfchens Szymbark ist sie dennoch ein einträgliches Geschäft. Allein 30 Kutscher gibt es in diesem kleinen Dorf. „Für uns sind die Schlittenfahrten ein wichtiger Zusatzlohn“, sagt Jan, der schon seit 35 Jahren Schlittenfahrten organisiert. „Die Arbeit ist auch gut für die Pferde. Sie brauchen vor allem im Winter Bewegung. Und wir machen das nicht nur wegen des Geldes. Wir mögen Sport, und wir freuen uns über den Kontakt mit den Leuten aus der Stadt“. Jan hat einige Stammkunden. „Die kommen dann auch im Sommer und wir organisieren für sie Ausflüge“, erzählt er. „Sogar Touristen aus Deutschland, Norwegern oder Schweden sind darunter“.
Einer von ihnen ist Thomas Christ aus der Nähe von Rostock, der zusammen mit seiner Familie angereist ist. „Wir sind jetzt seit zwei Tagen hier auf der Kaschubei und es ist wunderschön. Wir sind immer noch im Norden, gar nicht mal so weit weg von zu Hause. Und doch sieht es hier völlig anders aus, als bei uns in Mecklenburg“, wundert er sich.
Das einzige Restaurant „Unter dem Turm“ in Szymbark erlebt im Winter seine Hochsaison. Die Winterurlauber wärmen sich hier mit Glühwein oder warmem Bier mit Saft und Gewürzen. Urszula Zaborowska bietet traditionelle polnische Küche an. Mit Bigos – einem Sauerkrauteintopf - und Kottlets sind die im Wald verlorenen Kalorien rasch wieder zurückgewonnen.
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Infokasten:
Szymbark liegt ganz in der Nähe der Wiezyca, des höchsten Berges der Kaschubischen Schweiz (Szwajcaria Kaszubska) (Kaschubische Schweiz). Rund um das Dorf befindet sich ein großes Waldgebiet mit zahlreichen Seen. Wintersportmöglichkeiten: Skilift, Langlauf, Rutschbahn, Schlittenfahrten.
Anreisemöglichkeit von Deutschland aus
Mit dem Flugzeug aus Berlin (TXL), Hamburg oder München über Warschau nach Danzig (Lech Walesa Flughafen)
Täglich mit dem Nachtzug aus Berlin ZOO/Berlin Ostbahnhof nach Danzig Hauptbahnhof (Gdansk Glowny). Dann weiter mit dem Bus (PKS) vom Danziger Busbahnhof (hinter dem Hauptbahnhof) – ca. 50 Kilometer direkt nach Szymbark oder Wiezyca.
Mit dem Auto aus Berlin über Stettin und Slupsk (Stolp) Richtung Danzig. In Danzig Richtung Zukowo. In Zukowo Richtung Koscierzyna abbiegen. Dann weiter Richtung Wiezyca/Szymbark.
Unterkunftsmöglichkeit/Hotel in Wiezyca (deutschsprachig):
Touristenzentrum „Wiezyca“. Das Touristenzentrum liegt direkt am Ostrzyckie-See, nicht weit von Städtchen Szymankowo und Ostrzyce. Das Touristenzentrum organisiert auch Schlittenfahrten.
Preis pro Übernachtung 1 DZ mit Bad kostet ca. 20 EURO pro Nacht
Ein Wochenende mit Vollverpflegung, zahlreichen Attraktionen wie eine Schlittenfahrt kostet ca. 60 Euro pro Person
Weitere Informationen und Reservierung:
www.wiezyca.gda.pl/ger/index.htm
E-mail: biuro@wiezyca.gda.pl
Fax/Tel.: + 48 58 684 39 41
Pensionenvermittlung im Internet:
www.ferienhaus-seiten.de/Polen/Pommern/Szymbark/
www.polen-szymbark.hotel-r2.de
www.appartement-24.de/ferienhaus-szymbark.htm
www.apartment-europe.com/polen/pommern/wiezyca/ferienwohnungen/wiezyca
www.ferienwohnungen.net/polen/ferienwohnungen-wiezyca.htm
Individuelle Veranstalter von Pferdeschlittentouren in Szymbark:
Gerard Szwichtenberg, Tel. + 48 58 684 38 85
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