Putins Freunde in Mittelosteuropa
Der russische Präsident Wladimir Putin hat in EU-Ländern viele Freunde – nicht nur unter antidemokratischen Kräften aller Richtungen, sondern auch im demokratischen Establishment. In Osteuropa zählt Ungarns Ministerpräsident Viktor Orban zu Putins Bewunderern und in gewisser Weise zu seinem Verbündeten: Bei Treffen mit dem russischen Präsidenten ergießt Orban sich jedes Mal in Lobeshymnen auf Putin, dessen Reich nennt er ein „Erfolgsmodell“. Im Januar 2014 schloss er einen Zehn-Milliarden-Atomstromdeal mit Putin ab. Regelmäßig plädiert er für ein Ende der anti-russischen EU-Sanktionen und für einen einheitlichen Wirtschaftsraum von Lissabon bis Wladiwostok.
Manche Beobachter sehen Orban deshalb als „Puszta-Putin“ und „Agenten Putins in der EU“. Doch Orbans Ungarn ist keine kleine Variante von Putins Russland. Schon allein deshalb nicht, weil es in Ungarn eine funktionierende Zivilgesellschaft und eine wirkliche parlamentarische Opposition gibt und weil dort Andersdenkende nicht einfach für Jahre in Straflagern verschwinden.
Aber Orbans 2010 begonnene Wende in Ungarn trägt auch so genügend antidemokratische Züge. Ihre wichtigsten Elemente: Die Staatselite ließ Orban radikal austauschen, die öffentlich-rechtlichen Medien zum Regierungssprachrohr machen, den herkömmlichen Sozialstaat und viele Arbeitnehmerrechte abschaffen, die Befugnisse des Verfassungsgerichtes beschneiden. Ebenso wurde der Regierungseinfluss auf die Justiz ausgeweitet, das Parlament als Institution geschwächt, das Staatswesen stark zentralisiert und dem Land eine rechtsnational-christlich-konservative Verfassung übergestülpt.
Nachahmer des Modells Orban
Orbans antidemokratisches, illiberales Modell ist im weitesten Sinne eine Antwort auf die schwerwiegenden Fehlentwicklungen von zwei Jahrzehnten osteuropäischer Transformation, die mit Verarmung für Millionen, mit zügellosem Kapitalismus, Korruption und einer schwachen Demokratie einhergingen. Dieses Orban-Modell findet nun im Zuge der Euro- und Griechenlandkrise und auch der Flüchtlingskrise immer mehr Nachahmer.
In Polen hat der Vorsitzende der Regierungspartei „Recht und Gerechtigkeit“ (PiS), Jaroslaw Kaczynski, eine national-konservative Wende eingeleitet, die wie aus Orbans Ungarn kopiert scheint: Sie begann mit Maßnahmen zur Kontrolle der öffentlich-rechtlichen Medien und des Verfassungsgerichtes. Viele Beobachter sehen Polen bereits als „zweites Ungarn“.
In der Slowakei ist der Regierungschef Robert Fico ein erklärter Unterstützer Orbans. Unter dem Eindruck der Anschläge von Paris verabschiedete seine nationalistisch-populistische Regierungspartei „Smer-SD“ im Parlament ein Paket von Anti-Terror-Gesetzen, die mit sehr weitgefassten Bestimmungen Grund- und Bürgerrechte von Terrorverdächtigen einschränken. Darüber hinaus vergiftet Fico mit euroskeptischer und flüchtlingsfeindlicher Rhetorik seit Monaten die öffentliche Stimmung im Land. In Tschechien tut es ihm der Staatspräsident Milos Zeman gleich. Und beide treten, wie Orban, für ein Ende der EU-Sanktionen gegen Russland und für intensivere Beziehungen zu Putin ein.
Putin dürfte es freuen. Zwar herrschen noch nirgendwo in der EU russische Verhältnisse. Doch dem russischen Präsidenten reicht auch die Zwietracht, die seine heimlichen und offenen Bewunderer in der EU säen.