Kroatien macht dicht
Eine kilometerlange Lkw-Kolone hat sich am Grenzübergang Batrovci-Bajakovo, zwischen Serbien und Kroatien gebildet. Die kroatische Regierung hat den Grenzübergang für den Güterverkehr aus Serbien am Sonntagabend geschlossen. Seitdem verrotten im Innenraum der Transporter Pflaumen und Äpfel.
Auslöser des Konflikts ist die Balkanroute, über die die Flüchtlinge in die EU gelangen wollen. Seitdem Ungarn die Grenze zu Serbien am Dienstag vor einer Woche mit einem Zaun geschlossen hat, reisen die meisten Flüchtlinge über Serbien nach Kroatien in die EU ein. Zagreb hat die Grenzen zu Serbien geschlossen, weil es mit den Flüchtlingen überfordert ist. Seit der Verschiebung der Route sind bereits über 50.000 Menschen in der Adriarepublik angekommen.
Die Blockade gegen die Flüchtlinge hat sich nun zu einem Handelskrieg zwischen Serbien und Kroatien entwickelt. Weil Kroatien die Einreisesperre für Lkw aus Serbien aufrechterhält, hat Serbien in der Nacht von Mittwoch auf Donnerstag seine Grenze für Güter aus Kroatien geschlossen.
Als ob das nicht genug wäre, hat Kroatien nun in der Nacht zum Donnerstag verboten, dass serbische Fahrzeuge und Personen ins Land gelangen. Inzwischen ruderte die Regierung in Zagreb zurück und sagte, dass die Einreisesperre ein „Kommunikationsfehler“ gewesen sein. Serbische Staatsbürger dürften weiterhin nach Kroatien einreisen, nur eben nicht in einem Auto mit serbischem Nummernschild.
Die Überreaktion der kroatischen Regierung erklärt sich aus den anstehenden Parlamentswahlen im November. Derzeit hat die nationalkonservative HDZ die Nase vorne und würde die sozialdemokratische Regierung ablösen. Der kroatische Premier Zoran Milanovic versucht nun, Stimmen beim nationalistischen Wählerklientel zu sammeln. In Kroatien funktioniert das mit dem Schüren antiserbischer Ressentiments und der Angst vor Flüchtlingen scheinbar sehr gut.
Der Handelskrieg zwischen den beiden Ländern lässt die Rhetorik aus den Jugoslawienkriegen der 1990er Jahre wieder aufleben. „Der Verrückte führt Kroatien in den Krieg“ titelte am Mittwoch die serbische Tageszeitung „Alo“ unter dem Konterfei des kroatischen Premierministers Zoran Milanovic. Aus dem serbischen Außenministerium folgte eine Protestnote, in der Kroatien vorgeworfen wird, in Verhaltensmuster aus der faschistischen Vergangenheit des Landes zurückzufallen.
Tatjana Ivanovic, Generalsekretärin des serbischen Transportverbandes, ist ehrlich schockiert über die Schließung der kroatischen Grenze: „Wir sehen keine Notwendigkeit, den Warenverkehr unter der Flüchtlingskrise leiden zu lassen. Wir bitten Kroatien, die Grenze wieder zu öffnen“, sagt sie. Die Exportwirtschaft der beiden Länder, vor allem aber die serbische, leidet.
Die kroatische Regierung will Belgrad nun dazu drängen, den Grenzübergang Horgos für Flüchtlinge wieder zu öffnen, damit diese die Route über Ungarn nehmen. Allerdings hat Ungarn die Grenzen zu Serbien erst kürzlich wieder für den Personen- und Warenverkehr geöffnet, nachdem diese ebenfalls wegen der Flüchtlingskrise dicht gemacht wurden.
Kroatien selbst schickt die meisten Flüchtlinge weiter an die ungarische Grenze. Ein kleinerer Teil versucht, nach Slowenien zu gelangen. Letztlich geht der Streit darum, durch welche Länder die Flüchtlinge reisen sollen. Die serbische Regierung betrachtet die Flüchtlingskrise als humanitäre Katastrophe und legt den Menschen keine Steine in den Weg auf der Weiterreise. Kroatien hingegen möchte mit allen Mitteln verhindern, dass Flüchtlinge durch das Land reisen.