Priester-Rap aus Polen
Jakub Bartczak rappt. Er springt durch den Gemeindesaal, schwingt die Hände. Ein Paar Teenager hören zu, sie nicken im Takt, ihre Münder bewegen sich lautlos. „Jesus Christus, der König der Freiheit, er besiegte den Tod, er besiegte den Schmerz“, wiederholt ein junger Mann die Worte Bartczaks.
Jakub Bartczak ist Priester. Rap und Kirche – eine untypische Mischung, das ist ihm klar. „Vor 15 Jahren hätte sich das keiner meiner Freunde ausgemalt, ich selber auch nicht“, lächelt der 34-Jährige.
Bartczak wirkt nicht wie ein ernsthafter Geistlicher. Er lacht oft, gestikuliert großzügig. In seiner Kapuzenjacke, dem kariertem Hemd und T-Shirt könnte er genauso gut Informatiker oder Barkeeper sein. Zumindest trägt er aber einen Priesterkragen. Wenn Journalisten ihn fotografieren, zieht er seine Soutane an. „Man muss ja sehen, dass ich Priester bin“, sagt er.
Mit Rap ist Jakub Bartczak aufgewachsen, in einer Plattenbausiedlung am Rand von Breslau. Mit seinem Bruder und Freunden hatte er eine Band. Christlich seien die Stücke nicht gewesen, sagt Bartczak. Obwohl seine Mutter gläubig war, spürte er seine eigene Berufung relativ spät, studierte zunächst internationale Beziehungen. Doch das Bedürfnis, Gott näher zu kommen, war groß. „Ich fühlte mich so, als ob ich ihn hinter einer Scheibe erblickt habe. Und dann wurde mir klar, dass mein Weg das Priesterseminar ist“.
Die polnische Kirche braucht den Rap
Bartczaks Fans sind junge Rebellen. Solche, die niemals zu einem gewöhnlichen Geistlichen gehen würden. Die polnische Kirche braucht sie. Denn auch im katholischen Polen ist der sonntägliche Gottesdienst nicht mehr selbstverständlich: Laut Statistik sind nur zehn Prozent der regulären Kirchenbesucher unter 25 Jahre alt. Wohl deshalb findet Bartczak Unterstützer auch bei den kirchlichen Amtsträgern. „Ich war richtig schockiert“, sagt Bartczak. „Sogar die älteren, angesehenen Geistlichen, vor den ich mich früher für meinen Rap geschämt habe, sagten mir: Gute Arbeit, Jakub. Mach so weiter“. Auch die Kurie, das Verwaltungsorgan der Kirche, segnete seine Clips ab. „Die haben sich nur gewundert, warum ich so schnell spreche“, lächelt Bartczak.
Der rappende Priester ist in Polen längst über Kirchenkreise hinaus bekannt. Immer wieder melden sich Menschen bei ihm, die aufgrund seiner Videoclips zum ersten Mal zur Bibel gegriffen haben. Doch es gibt auch Kritik. Als er seine erste Platte herausgab, schrieb jemand im Internet, er würde bei einem solchen Priester nie beichten. Das habe ihm wehgetan, sagt Pater Jakub.
Doch in seiner Gemeinde habe niemand negativ reagiert. „Die Menschen beichten immer noch bei mir“, lächelt er. An der Schule unterrichtet er Religion. „Die Teenager hören Rap“, sagt er. „Sie glauben dann, dieser Priester wisse etwas über das Leben“. In seiner Abschlussarbeit im Seminar schrieb Bartczak über die Blockers, junge Menschen in problematischen Plattenbausiedlungen. Er ist sich sicher, „dass diese Kumpel Gott brauchen und dass sie ihn suchen“.
Nur am Altar rappt Bartczak nicht. „ Gottesdienst ist Gottesdienst“, sagt er. Er hofft aber, dass Gott seine Stücke gefallen. „Vielleicht ist auch in meiner Musik der Heilige Geist dabei? Das wünsche ich mir sehr“.