Estland

Eine Million Bäume für Estland


Tallinn (n-ost) Wieder einmal ist es vollbracht. Eine letzte Schippe Erde wird an das zarte Stämmchen geworfen und mit der flachen Seite der Schaufel fest geklopft. Der Bundeskanzler macht es, der Bürgermeister macht es und Unternehmer machen es auch: einen Baum pflanzen, zum Zeichen, dass Neues entsteht und dass das Neue für lange Zeiten währen möge.
Die Esten haben sich diese Tradition zum Vorbild genommen, um den bevor stehenden EU-Beitritt in angemessener Weise zu würdigen. Eine Million Bäume wollen sie pünktlich ab dem 1. Mai landesweit in die heimatliche Erde pflanzen.
„Die Botschaft ist sehr grün. Damit wollen wir Europa zeigen, dass Estland zu mehr als 50 Prozent von Wald bedeckt ist und der Wald unser Volk geprägt hat“, erklärt Hannes Rumm, Leiter des EU-Informationssekretariats.
Die Organisatoren hoffen, dass „wir mit dieser Herangehensweise, die sich von den Feierlichkeiten der anderen Neumitglieder unterscheidet, internationale Anerkennung finden werden.“
Die eine Million Setzlinge will sich der Staat gut 200.000 Euro kosten lassen. Über 10.000 Freiwillige sollen nach dem Wunsch der Organisatoren mithelfen, Estlands EU-Beitritt über den Tag hinaus fest zu halten. Hannes Rumm: „Die Leute werden selbst einen Beitrag geleistet haben. Diese Botschaft währt nicht nur einen Abend wie ein Konzert, sondern lange Zeit.“
Die Idee zu der Aktion entwickelte sich aus dem Motto des diesjährigen nationalen Tanz- und Liederfestes „Lass’ einen Wald sein“. Bereits in den Vorjahren hatten die Teilnehmer dieses nur alle fünf Jahre stattfindenden Festes erste Bäume gepflanzt.
„Wir wollen einen Wald pflanzen, auf dass der Sänger in Frieden mit seiner Umwelt sein kann“, erklärt Kalev Järvela, einer der Organisatoren. „Das Sing- und Tanzfest war immer auch ein Fest unserer nationalen Identität und ein Moment großen Stolzes. Wir hoffen, diese großartige Tradition dadurch international bekannter zu machen.“
In der Tat ist das Lieder- und Tanz-Fest ein bedeutender Anlass für alle Esten, zu dem etwa 30.000 des nur 1,3 Millionen Einwohner zählenden Volkes als aktive Teilnehmer erwartet werden. Es ist eng verknüpft mit dem Kampf für Freiheit und Selbstbestimmung. Die auf dem 21. Fest 1988 angestimmten nationalen Lieder waren der Ausgangspunkt für den Kampf gegen die sowjetische Besatzung.
Ein gutes Zeichen auch dafür, dass die EU nicht als eine erneute Fremdherrschaft über Estland gesehen wird, sondern als letzte Etappe, die die lange benachteiligten Esten ein respektiertes Mitglied in der europäischen Staatenwelt werden lässt.

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