Mazedonien

Verhärtete Fronten in Mazedonien

Vor dem Regierungsgebäude in Skopje haben sich wieder Demonstranten versammelt. Seit Tagen schon protestieren in der mazedonischen Hauptstadt die Gegner von Ministerpräsident Nikola Gruevski und fordern dessen Rücktritt. Am Montag Abend sind nun seine Anhänger gekommen. 30.000 Menschen hat der Präsident unter dem Motto „für ein starkes Mazedonien“ mobilisiert.

„Das Ziel der Proteste ist es, eine legitime Regierung zu stürzen“, erklärt Goran Putica, warum er sich auf die Seite der Regierung stellt. „Dahinter stecken westliche Interessen, die eine Marionettenregierung in Mazedonien installieren wollen“, ist der 47-Jährige überzeugt.


Die größten Proteste der Geschichte

Mazedonien erlebt derzeit die größten Proteste seiner 23-jährigen Geschichte. Am vergangenen Sonntag gingen 40.000 Menschen auf die Straße. Einige bauten Zelte vor dem Regierungssitz auf und versprachen, nicht zu gehen, bevor ihre wichtigste Forderung erfüllt wird. „Wir wollen den Rücktritt von Ministerpräsident Nikola Gruevski“, sagt Regierungsgegner Kire Vasilev.

Unmut gibt es in Mazedonien, einem der ärmsten Länder auf dem Balkan, schon lange. Seine Gegner werfen Premierminister Gruevski vor, in seiner fast zehnjährigen Amtszeit ein korruptes und mafiöses System aufgebaut zu haben. Seit vor einigen Wochen eine Abhöraffäre ans Licht kam, kochen in Mazedonien die Emotionen nun hoch.

Die sozialdemokratische Opposition unter ihrem Anführer Zoran Zaev hatte sogenannte „Bomben“ veröffentlicht, pikante aufgezeichnete Telefongespräche zwischen hohen Regierungsmitgliedern. In den Gesprächen geht es mitunter um Korruption, Amtsmissbrauch, Wahlbetrug und das illegale Abhören von rund 20.000 Bürgern. Ministerpräsident Gruevski macht nicht näher definierte „ausländische Geheimdienste“ für die Bänder verantwortlich.


Es starben 18 Menschen

Einen großen Teil der albanischen Minderheit brachte die Regierung mit einer sogenannten Anti-Terror Aktion am 9.Mai in der drittgrößten Stadt Kumanovo gegen sich auf. Bei Gefechten zwischen albanischen Separatisten und mazedonischen Polizeikräften starben 18 Menschen. Die Opposition vermutet, dass die Regierung absichtlich überreagierte, um ethnische Konflikte in dem Vielvölkerstaat zu schüren und von der Krise abzulenken.

Die Regierung dagegen macht das europäische Ausland für die Proteste verantwortlich. In dem Zwei-Millionen-Einwohnerland gibt es traditionell pro-russische und pro-europäische Kräfte. Ministerpräsident Gruevski ist an einem guten Verhältnis zu Russland gelegen. Der russische Außenminister Sergej Lawrow sagte am Freitag auf einem Staatsbesuch in Belgrad: „Die Ereignisse in Mazedonien scheinen vor dem Hintergrund zu geschehen, dass die Regierung in Skopje die Sanktionen gegen Russland nicht mittragen will.“


Die EU hielt sich bislang zurück

Die Regierungsgegner hingegen wollen eine engere Anbindung an die EU. Dabei hätten sie allen Grund, von Brüssel enttäuscht zu sein. Die Beitrittsverhandlungen stocken seit zehn Jahren. Einerseits blockiert Griechenland die Verhandlungen aufgrund eines Namensstreits über die Bezeichnung „Mazedonien“, die Athen für sich beansprucht. Andererseits hat sich aber auch die Regierung von Nikola Gruevski immer weiter von europäischen Standards entfernt. Die EU kritisiert in regelmäßigen Abständen die „Politisierung der Staatsinstitutionen“ und zunehmende staatliche Kontrolle über die Medien. Als jedoch die Proteste gegen die Regierung begannen, hielten sich EU-Politiker mit Kritik zunächst zurück. Am Dienstag wollten Gruevski und Oppositionschef Zaev auf Vermittlung des EU-Parlaments in Straßburg versuchen, eine Lösung für die politische Krise zu finden.

Am vergangenen Sonntag sah es kurz so aus, als müsste die Regierung tatsächlich ihre Sachen packen. Zuvor waren bereits die Innenministerin und der Geheimdienstchef zurückgetreten. Am Montag Abend aber strotzte Staatschef Nikola Gruevski vor seinen Anhängern nur so vor Kraft: „Sie wollen meinen Rücktritt? Sie wollen, dass wir denen Mazedonien überlassen? Diese Kraft und diese Energie heute Abend ist unsere Antwort an diese Leute“.

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Quellen:

http://mid.ru/brp_4.nsf/newsline/670C004BE908DBD943257E4000407DA2

c.europa.eu/enlargement/pdf/key_documents/2014/20141008-the-former-yugoslav-republic-of-macedonia-progress-report_en.pdf

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