Tschechien

Auf immer Aschenbrödels Prinz

Zweifelsfrei, er ist es. Die Frau am Schloss Moritzburg spricht beherzt einen Mitarbeiter vom Fernsehen an, ob der Schauspieler Pavel Travnicek ihr nicht ein Buch signieren könnte. An seinem charmanten jugendlichen Lächeln, mit der er der Bitte der Frau nachkommt, ist er immer noch gut zu erkennen. Als Aschenbrödels Prinz in dem Weihnachtsklassiker „Drei Haselnüsse für Aschenbrödel“ zu ewigen Ehren gelangt, ist Travnicek mit einem Fernsehteam an den Ort seiner filmischen Anfänge und zugleich seines größten Erfolgs zurückgekehrt. Das sächsische Jagdschloss Moritzburg bei Dresden diente vor 42 Jahren als Kulisse für den Film, der aus den weihnachtlichen TV-Programmen Tschechiens und Deutschlands inzwischen nicht mehr wegzudenken ist.

„Es war meine erste richtige Filmrolle. Ich wurde ja für sie direkt von der Schauspielschule weggeholt“, erinnert er sich. Wie unbekannt er war, zeigt der anfangs weit verbreitete Irrtum der tschechischen Zuschauer, der damals 22-Jährige sei in der deutsch-tschechischen Koproduktion eine deutsche Besetzung. Zumal er ohnehin wegen seines starken mährischen Akzents eine Synchronstimme verpasst bekam und später in einem weiteren, diesmal rein deutschen Märchenfilm besetzt wurde – natürlich wieder als Prinz, der zwischenzeitlich in einen Bären verwandelt wird.


Der ewige Thronfolger

Es blieben nicht die einzigen Rollen als Thronfolger. In der Erinnerung der Zuschauer ist er trotz zahlreicher anderer Rollen deshalb immer der Prinz geblieben. Als Bürde empfindet er das aber nicht. „Das hat mich natürlich festgelegt. Aber es konnte ja niemand ahnen, dass der Film so ein Erfolg wird“, sinniert er. Für ihn war das Spiel an der Seite so großer Schauspieler wie Rolf Hoppe, Carola Braunbock und Vladimir Mensik und unter Regisseur Vaclav Vorlicek eine Schule fürs Leben. Die Verständigung zwischen den Schauspielern klappte mit Händen und Füßen. Schwieriger war es bei den Filmdialogen. „Um sie für die jeweilige Filmversion in die andere Sprache übertragen zu können, mussten wir exakt die vorgegebenen Textlängen einhalten“, erzählt er.

Die größte Herausforderung für Travnicek war jedoch die Kälte. Zwar fehlte ständig der Schnee, dafür wurden sie nicht von Minusgraden verschont. „Diese Rundumversorgung wie heute gab es ja nicht. Wir mussten manchmal den ganzen Tag in der Kälte zubringen“, erinnert er sich. Kein Wunder, dass die Dreharbeiten zwischenzeitlich wegen Krankheit eingestellt werden mussten.

Dass er in Moritzburg von Menschen angesprochen oder verstohlen beobachtet wird, ist Travnicek gewohnt. „Ich glaube, die Deutschen sind noch verrückter nach dem Film als wir“, vermutet der inzwischen 64-Jährige. Seit einigen Jahren ist er regelmäßig in Moritzburg. Besonders vor Weihnachten häufen sich die Termine. Trotzdem ist der Besuch „seines“ Schlosses für ihn keine Selbstverständlichkeit. „Mir geht jedes Mal das Herz auf. Moritzburg ist mir der mit Abstand liebste Drehort in meiner Karriere“, sagt er.


Ein Frauenschwarm steht auf der Leitung

An dieser Einschätzung dürfte seine damalige Filmpartnerin Libuse Safrankova einen nicht unerheblichen Anteil haben. Wie viele am Set war auch Travnicek in sie verliebt, gibt er heute zu. Ein Verhältnis, wie viele munkelten, hatten die beiden aber nicht. Dabei wäre das dem Schauspieler durchaus zuzutrauen. Galt er doch ein Leben lang als Frauenschwarm, was ihm drei Ehen und zwei Söhne einbrachte. „Dass ich viele weibliche Fans hatte, habe ich erst langsam realisiert“, sagt er. Fanbriefe kamen nicht nur aus seiner Heimat oder Deutschland. Auch in der früheren Sowjetunion ist der Prinz bis heute ein Begriff.

Spätestens Weihnachten ist der Aschenbrödel-Rummel für Travnicek vorbei, denn anders als seine Fans schaut er selbst den Film gar nicht mehr an. Nach Weihnachten schlüpft er wieder in sein normales Leben, in dem er seit Jahren sein eigenes Theater leitet. „Eigentlich schade“, wie Travnicek meint. „Ich kenne Moritzburg nur in der kalten Jahreszeit“, sagt er und besinnt sich gleich: „So bleibt das Schloss in mir für immer mit dem Wintermärchen verbunden.“


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