Polens Regierungschefin macht viele Versprechungen
Mit deutlichen Worten hat Polens neue Premierministerin Ewa Kopacz bei ihrer Regierungserklärung am Mittwoch klargestellt, dass sie als enge Vertraute von Ex-Premier Donald Tusk, nicht dessen Marionette sein will. „Ich habe für dich, Donald, eine Nachricht – ich bin es, die heute an der Spitze der Regierung steht“, sagte sie in Richtung ihres Vorgängers. Zugleich appellierte Kopacz an Tusks ärgsten Widersacher Jaroslaw Kaczynski, Chef der nationalkonservativen Recht und Gerechtigkeit (PiS), den „Fluch des Hasses“ gegenüber dem künftigen EU-Ratschef zu beenden. „Donald Tusk geht nach Brüssel, er wird nicht mehr in der polnischen Politik wirken“, so die 57-Jährige.
Auch inhaltlich versucht sich Kopacz von der Vorgängerregierung zu lösen. So kündigte sie an, bereits Anfang 2015 ein Projekt zur neuen Steuergesetzgebung vorzulegen. „Das, was man in drei Jahren machen wollte, werden wir in zwölf Monaten schaffen“, sagte sie. Danach präsentierte die Ex-Gesundheitsministerin ein Feuerwerk an Projekten: umgerechnet sechs Milliarden Euro an Krediten für Unternehmen, Bau von Altenheimen, steuerliche Entlastung für Familien. Den in Polen starken liberalen Kräften ist all dies ein Graus. „Ein weiblicher Nikolaus“, spottete Leszek Balcerowicz, Ex-Finanzminister und neoliberaler Vordenker, über die neue Premierministerin.
Teure Versprechen nach innen, wenig neue Anreize für die Außenpolitik
Die kriselnde polnische Bergbauindustrie soll nach Kopacz‘ Willen aufgepäppelt werden. „Die Kohle hat für unser Land strategische Bedeutung“, sagte sie wohl auch in Richtung der 2000 vor dem Parlament demonstrierenden Kohlekumpel. Sie deutete an, dass mit ihr eine Verschärfung der EU-Klimaziele nicht zu machen sei: „Die Energiekosten für polnische Familien dürfen nicht steigen.“ Ihre Regierung werde zudem intensiv für die Schaffung einer EU-Energieunion werben, um bei Gaslieferungen eine politische Preissetzung zu verhindern.
In der Außenpolitik setzt die gelernte Kinderärztin indes wenig neue Akzente. Sie griff die von Präsident Bronislaw Komorowski angeregte Einführung des Euro in Polen auf, nannte aber kein konkretes Einführungsdatum. Die Unterzeichnung des Freihandelsabkommens (TTIP) mit den USA strebt Kopacz ebenso an wie die Stationierung von Nato-Truppen in Polen. Der Verteidigungsetat soll vor dem Hintergrund des Ukraine-Konfliktes im Jahr 2016 von derzeit 1,8% auf zwei Prozent des BIP ansteigen. Das Nachbarland Ukraine werde bei seiner Transformation unterstützt werden, auch in militärischen Fragen, so Kopacz.
Kopacz konnte bereits einen ersten Erfolg verbuchen
Die Opposition, aber auch viele Kommentatoren kritisieren, Kopacz habe zu viele Projekte angestoßen und zudem Ausgaben versprochen, die erst 2016, also nach den Parlamentswahlen, greifen würden. „Es sind zu viele Allgemeinplätze, bereits unter der erwähnten EU-Energieunion verstehen etwa Deutschland und Polen ganz unterschiedliche Dinge“, sagt der Politologe Michal Sutowski. Auch das TTIP-Abkommen berge Gefahren, die Kopacz übergehe und die künftig etwa Sanktionen gegenüber Russland erschweren könnten.
Dass die neue Regierung eine für Mittwochabend angesetzte Vertrauensabstimmung im polnischen Parlament Sejm überstehen würde, galt als sicher. Einen symbolischen Erfolg konnte Kopacz indes bereits nach ihrer Antrittsrede verbuchen. Jaroslaw Kaczynski reichte Donald Tusk die Hand. „Ich habe ihm versichert“, sagte Kaczynski, „dass ich ihn nicht hasse“.