Aus für Goldbergbauprojekt in Rosia Montana
„Es ist der Wahnsinn“, ruft Cristian Branea, als er auf dem Bukarester Universitätsplatz von seinem Fahrrad steigt. „Wir haben gezeigt, dass die Bürger hierzulande tatsächlich etwas bewegen können!“ Mehrere hundert Menschen sind schon da, sie umarmen sich und jubeln. Der Menschenrechts- und Umweltaktivist ist, wie viele andere, in der vergangenen Woche jeden Tag nach der Arbeit hierhergekommen, um gegen das wohl umstrittenste Wirtschaftsprojekt in der jüngeren Geschichte Rumäniens zu protestieren. Doch heute ist ein besonderer Tag: „Heute protestieren wir nicht mehr, wir feiern einen neuen Anfang für die rumänische Demokratie“, sagt Branea.
Am Mittag kam, live übertragen auf allen Nachrichtensendern, die Presseerklärung, die für eine lange Feier auf dem Universitätsplatz sorgen wird. Ministerpräsident Victor Ponta kündigte das Aus für das Goldbergbauprojekt an, das seit mehr als einer Woche zu massiven Demonstrationen im ganzen Land geführt hatte. Zehntausende Rumänen protestierten täglich in Bukarest und in zahlreichen anderen Großstädten gegen den geplanten Einsatz von Zyanid in dem siebenbürgischen Dorf Rosia Montana. Angetrieben wurde der Protest von der Furcht vor der Zerstörung eines einzigartigen Natur- und Kulturerbes. Auch die Diaspora mobilisierte sich: In New York, London, Paris und Berlin fanden am vergangenen Wochenende Demos vor den rumänischen Botschaften statt.
Unter „Vereinigt retten wir Rosia Montana“-Rufen zeigten die Gegner des Projekts ihr Engagement für die Umwelt, aber auch für mehr Transparenz und Demokratie. Auslöser der massiven Proteste war die überraschende Entscheidung der linksliberalen Regierung Ende August, entgegen dem expliziten Wahlversprechen Pontas grünes Licht für das seit 1998 geplante Projekt zu geben.
Auch viele aus dem Regierungslager kritisierten die Pläne
Ein Gesetzentwurf, der dem privaten Projektbetreiber Gabriel Resources den Weg ebnen sollte, wurde vorige Woche dem Parlament vorgelegt. Demnach sollten die Abgeordneten dem kanadischen Bergbaukonzern zahlreiche Ausnahmen von den gesetzlichen Bestimmungen und Genehmigungsverfahren gewähren. Die Investition sollte als „strategisch“ gelten und damit nicht mehr unter die üblichen Umwelt- und Denkmalschutzvorschriften fallen. Auch im Regierungslager kritisierten viele den Entwurf als verfassungswidrig.
Doch es waren offenbar die heftigen Proteste, die die Regierung zur Aufgabe des Projekts brachten. „Wir haben die Stimme der Straße gehört und wir können sie nicht einfach ignorieren“, sagte Senatspräsident Crin Antonescu kurz vor der entscheidenden Erklärung des Premiers. Die linksliberale Parlamentsmehrheit wird jetzt im Schnellverfahren das Projekt der eigenen Regierung ablehnen müssen – ein massiver Glaubwürdigkeitsverlust für Premier Ponta. Dieser hatte die Wahlen im Dezember 2012 unter anderen mit der Unterstützung vieler Studenten und junger Vertreter der urbanen Mittelschicht gewonnen, für die die Umwelt ein sehr wichtiges Thema ist.
Bergbauunternehmen droht mit Klage
„Dieser Gesetzentwurf zeigte für uns deutlich, dass ein Konzern einfach so ganz Rumänien kaufen kann“, sagt Eugen David aus Rosia Montana, einer der ersten und bekanntesten Gegner des Bergbauprojekts. „Jetzt haben wir vor allem eines erreicht: Wir haben gezeigt, dass Rumänien keine Kolonie ist, sondern eine Demokratie, in der die Stimmen der Bürger gehört werden müssen.“
Die Aktien von Gabriel Resources brachen am Montag an der Börse von Toronto zwischenzeitlich um mehr als 50 Prozent ein. Das Unternehmen drohte mit einer Schadenersatzklage, sollte das Parlament das Projekt kippen.