Deutsche Pläne sorgen für böses Blut
Olszytn (n-ost) Hoch her gehen in Deutschland und Polen die Diskussionen um das geplante Zentrum gegen Vertreibungen sowie die neu gegründete Preußische Treuhand, die Entschädigungsansprüche der nach dem Zweiten Weltkrieg Vertriebenen sammeln will. Vor allem in Polen ist die Erregung über die deutschen Pläne groß. Eine Gruppe droht besonders unter den wieder aufkeimenden Feindbildern des "bösen Nachbarn im Westen" zu leiden: die noch in Polen verbliebenen Deutschen. Bei diesen stoßen die Absichten teilweise auf deutliche Ablehnung: "Die Preußische Treuhand wird nichts erreichen. Ich habe kein Verständnis dafür, dass sich deswegen das deutsch-polnische Verhältnis abkühlt", empört sich Friedrich Petrach. Für den Vorsitzenden des Verbandes der deutschen sozial-kulturellen Gesellschaften in Polen ist die Angelegenheit der Entschädigungsforderungen der Vertriebenen erledigt. "Völkerrechtler geben den Ansprüchen der Deutschen gegenüber Polen keine Aussicht auf Erfolg", sagte der Oberste der deutschen Minderheit. Während das Zentrum gegen Vertreibungen vor einigen Wochen für erheblichen Wirbel sorgte, gibt es nun jüngst große Aufregung um die Preußische Treuhand GmbH. Diese hat ihren Sitz in Düsseldorf und will Medienberichten zu Folge Polen zur Rückgabe des Eigentums an die ehemaligen Besitzer, deutsche Vertriebene, bewegen. Dabei solle nach für beiden Seiten verträglichen Lösungen gesucht werden. Der Aufsichtsratvorsitzende der Gesellschaft Rudi Pawelka, zugleich Vorsitzender der Landsmannschaft Schlesien, Niederschlesien und Oberschlesien, sagte der "Frankfurter Allgemeinen Zeitung", die Gründung sei erfolgt, weil Polen es trotz Bitten der Vertriebenen unterlassen habe, Vorschläge für die Regelung in der Vermögensfrage von sich aus vorzulegen.
Eine der Regionen Polens, in denen diese Absichten besonders viele Ängste schüren, ist Ermland und Masuren. 1,4 Millionen Menschen leben heute im ehemaligen südlichen Ostpreußen, das bis 1945 zu Deutschland gehörte. Die meisten heutigen Bewohner kamen erst nach dem Zweiten Weltkrieg in die von den Deutschen verlassenen Dörfer. Jeder zehnte gehört einer Minderheit an. Vorrangig sind dies Ukrainer, die nach 1945 aus Ostpolen kommend in den leer stehenden Häusern Unterschlupf fanden. Schätzungsweise 20 000 Deutsche sind dort ansässig, daneben vor allem Weißrussen und Litauer.
Wiktor Marek Leyk ist für alle Minderheiten dieser Region der Ansprechpartner. Er sitzt im Marschallamt, dem höchsten regionalen gewählten politischen Gremium. Polen hat insgesamt 16 Woiwodschaften, doch nur Ermland und Masuren leistet sich einen derartigen Minderheitenbeauftragten. Auch er hält von den derzeitigen, aus Deutschland überschwappenden Ideen wenig. Zwar sei die Idee eines solchen Zentrums eine innerdeutsche Angelegenheit, doch wichtig sei, wie dies präsentiert werde. "Die Menschen hier denken, dass die Motivation für dieses Zentrum rein politisch ist. Deshalb sind viele dagegen", erklärt er. Dies sei umso bedauerlicher, als sich das Deutschlandbild in den vergangenen 15 Jahren stark verbessert habe. "Ich habe Angst, dass die emotionalisierte Debatte über Zentrum und Vermögensansprüche sehr negative Auswirkungen auf de Atmosphäre der deutsch-polnischen Beziehungen haben kann", befürchtet Leyk. Die Verursacher der momentanen Verstimmung hat Eckhard Werner, Vorsitzender des Dachverbandes der deutschen Vereine im ehemaligen Ostpreußen, schon ausgemacht. "Die Regierungen in Deutschland und Polen haben es versäumt, die notwendigen rechtlichen Grundlagen zu schaffen. Das Problem der Entschädigung hätte schon längst aus der Welt sein können", sagt er. Da die Frage nach dem enteigneten Vermögen bis heute nicht geklärt wurde, solle man sich nicht wundern, wenn einige Personen daraus Kapital schlagen wollten. Genauso wie der Minderheitenbeauftragte sieht auch er auf die verbliebenen Deutsche Ungemach zukommen. "Alle Probleme, die von Deutschland aus kommen, werden mit uns in Verbindung gebracht. Dadurch laufen wir Gefahr, dass wir die uns hart erarbeitete Akzeptanz in der Gesellschaft wieder verlieren", befürchtet er. Deshalb spricht sich der ranghöchste Ostpreuße auch gegen Berlin als möglichen Zentrumsstandort aus. Seine Begründung: "Von dort kamen immer viele Probleme". Seine Alternative: Kaliningrad" denn das Zentrum könnte helfen, die dortige
Region zu europäisieren".