Ungarn

„Wir überspitzen die Sprache der Parteien“

ostpol: Was ist die Idee hinter der „Knoblauchfront“?

Armin Langer: Wir machen uns über jede Art von Fundamentalismus lustig. Zum Beispiel haben wir am ungarischen Nationalfeiertag, dem 15. März, die Partei-Veranstaltungen nachgestellt, die stattgefunden hätten, wäre nicht ein großer Schneesturm dazwischen gekommen. Wir überspitzen die politische Sprache der Parteien, um zu zeigen, dass sich alle Parteien irgendwie ähneln. Das gelingt deshalb so gut, weil wir einige Mitglieder haben, die professionelle Redenschreiber für reale Politiker sind.

Warum eigentlich Knoblauch?

Langer: Weil er stark und ungarisch ist (lacht).

Welche Tradition hat politische Satire in Ungarn?

Langer: Eigentlich keine. Wir sind eine der ersten Gruppen, die sich so etwas traut. Und die Leute lieben es, weil wir keine Antworten geben wollen, sondern nur Fragen aufwerfen.

Seid ihr frei, in dem was ihr tut, oder gab es schon Probleme mit der Regierung?

Langer: Nein, eigentlich nicht. Ich glaube auch nicht, dass die Angst, die viele Leute haben, gerechtfertigt ist. Ich habe keine Angst. Die Regierung hat bisher noch alle Demonstrationen erlaubt. Es sind höchstens die regierungstreuen Medien, die manipulieren, indem sie die Zuschauerzahl in ihren Berichten kleiner halten, als sie tatsächlich war, oder gar nicht erst berichten.

Trotzdem gehst du im September 2013 nach Deutschland. Warum?

Langer: Das hat hauptsächlich mit meiner Ausbildung am Rabbinerseminar zu tun. Außerdem würde ich gerne wieder in Deutschland leben, ich bin in München aufgewachsen. Und ich tue meiner Mutter einen Gefallen. Sie predigt seit Jahren, dass ich Ungarn doch bitte verlassen soll.

Warum?

Langer: Sie ist hauptsächlich besorgt über den Antisemitismus. Ich sehe das ein bisschen differenzierter: Die rechtsextreme Jobbik-Partei ist zwar die drittstärkste Kraft im Parlament, aber in Budapest viel schwächer als auf dem Land. Und 90 Prozent der Juden in Ungarn leben in Budapest. Natürlich ist der Antisemitismus mit dem Einzug von Jobbik in das Parlament viel sichtbarer geworden. Trotzdem glaube ich, dass es viel schlimmer ist, Roma in Ungarn zu sein als Jude. Mein Name stand auch schon auf einer rechtsextremen Webseite, aber davon lasse ich mich nicht einschüchtern.

Viele ausländische Medien sprechen mittlerweile von Ungarn als einer „Diktatur“ oder „Scheindemokratie“. Was geht dir durch den Kopf, wenn du so etwas liest?

Langer: Dass es übertrieben ist. Sie lassen Dinge weg, um das Ganze dramatischer aussehen zu lassen. Ich hatte beispielsweise ein Interview mit einem deutschen Fernsehsender, und als sie mir das Interview geschickt haben, habe ich gemerkt, dass sie jedes meiner „vielleicht“ und „wahrscheinlich“ gestrichen hatten. Natürlich ist die Situation mehr als bedenklich. An meiner Uni wurden viele linksgerichtete Professoren entlassen. Angeblich ist kein Geld mehr da, um sie zu bezahlen. Auch viele NGOs kämpfen mit immer weiter sinkenden staatlichen Mitteln. Als ich meine Karikaturen in meiner staatlichen Uni ausstellen wollte, wurde mir das untersagt. Sie seien „unmoralisch“. Ich habe sie dann schließlich in der privaten Central European University ausgestellt. Das alles ist schlimm. Aber wir sind immer noch eine Demokratie.


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