Kroatien

EU versus Prosek

Man schmeckt den Alkohol nicht. Samtig weich fließt der Wein über die Zunge. Winzer Andro Tomic wirft einen prüfenden Blick auf das Glas und lässt es kreisen: „Prosek ist etwas ganz anderes als Prosecco, das merkt man sofort.“ Aber die Ähnlichkeit zwischen dem kroatischen Prosek (der „Proschek“ ausgesprochen wird) und dem italienischen Prosecco bereitet den dalmatinischen Winzern Probleme. Denn Kroatien hat sich während der EU-Beitrittsverhandlungen den Namen nicht schützen lassen. Italiens Prosecco ist dagegen inzwischen geschützt. Das Aus für den kroatischen Prosek?

Darüber kann Tomic, dessen Familie in der fünften Generation ihr Weingut auf der Insel Hvar betreibt, nur den Kopf schütteln. „Prosek und seine Geschichte sind einzigartig“, sagt der Winzer: „Auf der dalmatinischen Insel Hvar hat früher jede Familie diesen Dessertwein für Hochzeiten oder andere besondere Anlässe angebaut.“ Die Lese der Trauben – meist der kroatischen Rebsorte Mali Plavac – ist mühsam: Prosek ist vergleichbar mit einer Trockenbeerenauslese, deren Beeren erst getrocknet geerntet werden, um dann noch einmal zu reifen. Vergoren und abgefüllt hat Prosek rund 15 Prozent Alkohol und einen Restzuckergehalt zwischen 80 und 120 Gramm je Liter.

Für den Winzer ist es deshalb völlig unverständlich, wie der Wein mit dem italienischen Prosecco verwechselt werden soll. „Die Geschichte des Prosek ist allein durch die Herstellung einzigartig. Er ist hundertprozentig natürlich und ewig haltbar“, bekräftigt Tomic stolz. Und Prosek prickle kein bisschen, im Gegensatz zu fast allen italienischen Proseccos. Dass Kroatien sich den Namen während der Beitragsverhandlungen nicht hat schützen lassen, schiebt der Winzer auf die geringe Erfahrung, die der junge Staat mit der europäischen Politik hat.


Prosek ist nicht Prosecco

Und falls Italien doch ein Verbot beantragt? „Dann haben wir genug Argumente, um diesen Antrag zurückzuweisen: Prosek ist nicht Prosecco“, wiederholt Tomic trotzig. Stattdessen werde man nach dem EU-Beitritt in die Offensive gehen und den Dessertwein bei der EU schützen zu lassen. Dieses Vorhaben unterstützt der kroatische Landwirtschaftsminister Tihomir Jakovina, der in den vergangenen Wochen wegen des Versäumnisses unter Druck geraten ist.

Ein ähnliches Problem hat Kroatien derzeit mit dem Verkauf von Teran-Wein. Das Nachbarland Slowenien hat bereits 2011 die Herkunftsbezeichnung für seinen Teran schützen lassen - somit darf Teran, der nicht aus dem slowenischen Karstgebiet stammt, ab 1. Juli nicht mehr im EU-Gebiet verkauft werden. Auch hier versucht Jakovina eine Einigung zu erreichen – mit fraglicherem Ausgang als für den Prosek.

Auf der Insel Hvar bemüht sich Winzer Tomic derzeit um Vermittlung. Unlängst sei ein Vertreter aus der italienischen Region Veneto, aus der laut EU der Prosecco kommen muss, auf der Insel Hvar gewesen. „Er hat meinen Prosek probiert und erklärt, dass er keine Verwechslungsgefahr sehe“, erzählt Tomic. Für ihn ein weiteres Argument. „Es wird Prosek auch nach dem EU-Beitritt weiter geben“, betont er optimistisch. Denn der Beitritt Kroatiens zur EU sei eine große Chance, gerade für den Weinexport. „Wir exportieren zwar jetzt schon, aber das hoffen wir zu steigern“, sagt der Winzer, der bisher jährlich rund 150.000 Flaschen dalmatinischen Wein verkauft: „Unsere Zukunft liegt im Export.“


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