Aserbaidschan

„Ich will Geschäftsmann werden“

„Ich werde nächstes Jahr zum Militär gehen. Aber ich will da eigentlich gar nicht hin. Es sollte keine Wehrpflicht geben. In so vielen anderen Ländern ist der Wehrdienst freiwillig. Bei uns ist das anders. Das zeigt, wie sehr das Verteidigungsministerium sowjetisch geprägt ist. Die Parole lautet: bloß keine Veränderungen.

Die Regierung sagt zwar, dass wir uns aufgrund des Berg-Karabach-Konflikts in einem Krieg mit Armenien befinden, aber ich sehe das anders. Berg-Karabach macht 20 Prozent des Staatsterritoriums aus und ist seit 1993 komplett von Armeniern besetzt. Schusswechsel gibt es aber nur an der Grenze. Einen wirklichen Krieg führen wir also im Moment nicht. Die Regierung will uns natürlich glauben machen, dass es jeden Tag soweit sein kann und gibt deshalb viel Geld für das Militär aus.


Als anderer Mensch vom Militär zurückkehren

Am meisten Angst habe ich davor, dass ich nach dem Wehrdienst als anderer Mensch zurückkehre. Meine Freunde, die das schon mitgemacht haben, sagen, dass sich dein Gehirn verändert. Man sei danach nicht mehr in der Lage, ein Masterstudium aufzunehmen. Ich würde aber gerne einen MBA machen, am liebsten in den USA. Für 3.500 Euro kann man sich auch freikaufen, aber so viel Geld hat meine Familie leider nicht. Mir bleibt nichts anderes übrig, als zum Militär zu gehen.

Aserbaidschan wird als der ärmste Öl-Staat der Welt bezeichnet. Das stimmt: Die Staatskasse ist gefüllt – aber wir normalen Menschen spüren davon nichts. Das hat mit einer falschen Wirtschaftspolitik zu tun. Die Politiker sind schon 20 Jahre an der Macht. Sie wurden während der Sowjetzeit ausgebildet und kennen die heutigen Anforderungen nicht. Unsere Regierung bräuchte Leute, die im Ausland studiert haben und die neue Ansätze vertreten, um das Land endlich voranzubringen.

Ich träume davon, meinen Namen eines Tages im Forbes-Magazin lesen zu können, als erfolgreicher Geschäftsmann. Ich will nicht unbedingt einer der 100 reichsten Menschen der Welt werden, aber der Reichste in Aserbaidschan, das wäre schon was! Durch ein Studium in den USA würde ich diesem Ziel ein gutes Stück näher kommen. Wenn sich dort eine Möglichkeit ergeben sollte zu bleiben, dann bleibe ich.

Ich glaube, dass mein Land eine rosige Zukunft hat, aber das wird zehn bis 20 Jahre dauern. Dann werden wir den Anschluss an Länder wie Deutschland, Frankreich und Großbritannien schaffen und besser sein als alle osteuropäischen Staaten. Im Moment geben wir viel Geld für tolle Gebäude aus, vor allem in Baku – und ich unterstütze das. Denn wir brauchen das, um den Tourismus anzukurbeln.“


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