„Der NGO-Sektor ist ein Sprungbrett“
„Ich habe selber mal an einem Kurs unserer Organisation teilgenommen, weil ich meinen Lebenslauf verbessern und lernen wollte, wie man eine Geschäftsidee verwirklicht. Danach wollte ich mich hier auch freiwillig engagieren.
Wir bieten jungen Menschen eine Plattform, auf der sie sich austauschen können. Dazu gehören ein Umwelt-, ein Mädchen- und ein Tourismusclub. Die Mitglieder treffen sich regelmäßig und entwickeln Projektideen, die sich z.B. mit Menschenrechten oder Menschenhandel befassen. Mit diesen bewerben sie sich für eine Förderung bei nationalen und internationalen Geldgebern – und wenn sie Glück haben, können sie ihre Idee in die Tat umsetzen.
Meine Arbeitszeit geht von 10 bis 18 Uhr, aber ich komme immer früher und gehe später – sogar am Wochenende – weil mir die Arbeit so viel Spaß macht. Ich sehe, wie junge Leute von unseren Projekte profitieren. Sei es, dass sie Erfahrungen im Projektmanagement sammeln oder neue Lebensziele formulieren. Oder auch, dass sie zum Vorbild. Die Leute, die wir heute fördern, werden in einigen Jahren Meinungsführer sein. Wir investieren in die Gemeinschaft. Das ist es, was mir gut gefällt.
Zuerst nach Harvard, dann in die Regierung
Aber unser Land ist noch jung, wir haben – als die Sowjetunion vor 22 Jahren zusammengebrochen ist – bei null angefangen. Und jetzt sind wir schon ziemlich weit, wenn man sich zum Beispiel unsere Wirtschaft anschaut. Manche Ausländer sagen, dass die Demokratie bei uns in Aserbaidschan nicht so weit entwickelt ist. Aber ich finde, dass man Demokratie nicht einfach so ohne Weiteres implementieren kann. Das kann nur von unten nach oben gelingen. Wenn die Leute wirklich Demokratie wollen, dann werden wir früher oder später auch eine echte Demokratie haben.
Ich sehe eher ein anderes Problem: Unsere Gesellschaft ist gespalten. Auf der einen Seite gibt es Leute, die sich einbringen wollen. Auf der anderen Seite haben wir viele – auch junge – Menschen, die nicht wissen, wie man sich engagiert und was es bedeutet, für eine zivilgesellschaftliche Organisation zu arbeiten. Die einen haben eine Vision und die anderen sind leider planlos.
Der zivilgesellschaftliche Sektor in Aserbaidschan ist meistens ein Sprungbrett in eine höhere Position im Regierungsumfeld. Ich kann mir das auch vorstellen, aber zuerst will ich mich für ein Stipendium für Europa oder die USA bewerben. Es gibt z.B. ein Regierungsprogramm, mit dem junge Aserbaidschaner umsonst in Harvard oder Stanford studieren können.“