Kroatisches Tagebuch: Heißes Pflaster
Im Nu ist Marina auf 180, wenn sie sich über die Tücken des Fahrradfahrens in Zagreb echauffiert. „Fast jeden Tag muss ich mich mit einer alten Vettel anlegen“, empört sich die sonst kultivierte Studentin. Sie berichtet von (angedeuteten) Attacken mit Regenschirmen und Handtaschen, Beschimpfungen und anderen Bösartigkeiten der Fußgänger.
Und es stimmt: Aus Mangel an echten Radwegen ist Radfahren in Zagreb ein ungemütliches und bisweilen auch gefährliches Unterfangen. Viele so genannte Radwege sind nichts weiter als rote Linien auf Bürgersteigen, die abrupt enden, sobald man über den Randstein holpert – von Schlaglöchern, auf dem Weg parkenden Autos und Schneebergen im Winter gar nicht zu sprechen. Die Radwege auf den stark befahrenen Straßen sind ebenfalls nur schmale, rote Spuren. Da muss man schon ordentlich in die Pedale treten, um Schlimmeres zu verhindern.
Der Widerstand formiert sich
Das alles passt so gar nicht zu einer europäischen Hauptstadt – schon gar nicht zu einer, in der bald EU-Beitrittsfeiern stattfinden sollen. Die Unzufriedenheit über die Situation im Radverkehr hat denn auch zur Gründung einer Fahrrad-Gewerkschaft geführt. Diese will sogar bei den Stadtwahlen in Zagreb im Mai antreten. Marko Gregovic ist Chef des frisch gegründeten Bündnisses „Für die Stadt“ und hat schon einige Ideen, wie man aus Zagreb eine fahrradfreundliche Stadt machen kann. „Wir haben die jahrelangen Versprechen satt, die dann nicht erfüllt werden. Wir wollen selbst etwas verändern.“
Die EU-Delegation versuchte im vergangenen Jahr, auf die Wichtigkeit des Fahrrads als umweltfreundliches und flottes Verkehrsmittel hinzuweisen. Das blieb nicht ohne Anekdote: Anlässlich einer Ausstellung zum Thema Radverkehr im technischen Museum ließ die Stadt vor dem Museum auf die Schnelle noch einen Radweg hinpinseln. Bei den Anwesenden hat das nur für Kopfschütteln gesorgt. Der dänische Botschafter jedenfalls schaffte es in die Schlagzeilen, weil er ‑ man stelle sich das bloß vor! ‑ mit dem Fahrrad zur Arbeit fuhr.