Mega-Papst aus Fiberglas
Durch halb Polen ist sie gefahren, Arme und Rumpf auf dem offenen Anhänger eines Lasters, der Kopf den nachfolgenden Autofahrern zugewandt: Der polnische Papst Johannes Paul II. als Statue aus weißem Fiberglas. Seit Anfang der Woche werden die sieben Einzelteile auf dem Goldenen Berg in Tschenstochau zusammengesetzt. Am 13. April ist sie vom Erzbischof von Tschenstochau, Waclaw Depo geweiht. worden. Der 14 Meter hohe Megapapst wird dann schon von weitem zu sehen sein und Ankömmlinge – darunter drei Millionen Pilger pro Jahr – mit ausgebreiteten Armen begrüßen.
Die Firma, die die Statue baute, ist eigentlich auf Gartenzwerge spezialisiert
Die neue Papststatue steht inmitten von Miniatur-Sakralbauten aus der ganzen Welt – der Kathedrale von Santiago de Compostela und der Gnadenkapelle von Altötting. Der sogenannte „Goldene Berg“ ist eine Art kirchliches Freiluftmuseum. Dessen Vorsitzender Leszek Lyson hat den Bau der Statue initiiert. „Ich möchte damit dem Heiligen Vater danken“, sagt Lyson. Sein heute zehnjähriges Kind war am 13. April vor vier Jahren nachts von der Yacht in Kroatien ins Meer gefallen. Der Vater sprang ihm nach und konnte ihn trotz der Dunkelheit aus dem Wasser ziehen. „Ich glaube, dass der Papst Wunder vollbringt“, so der Unternehmer. Ein weiterer Beweis ist für ihn, dass er beim Herrichten des Fundaments für die Papststatue einen zerbrochenen Rosenkranz fand.
Doch Leszek Lyson geht es auch um die Erinnerung an Papst Johannes Paul II. Seine Familie, die wie der Papst aus dem Ort Wadowice stammt, soll vor dessen Pontifikat mit ihm befreundet gewesen sein. „Für mich ist Johannes Paul II. ein einzigartiger Mensch, er ist mein Vorbild. Ich habe viel aus seinen Schriften gelernt“. Um die Statue zu finanzieren, hat der gläubige Unternehmer sogar einen Kredit aufgenommen.
Die meisten Polen sind stolz auf die Statue
Gebaut wurde die Papst-Statue seit November vergangenen Jahres in westpolnischen Nowa Sol an der Oder. Hier hat sich die Firma Malpol angesiedelt, die sich auf Sonderanfertigungen aus Fiberglas spezialisiert hat. Riesige Osterhasen, Gartenzwerge, auch schon mal Stühle für Geistliche haben die Mitarbeiter bislang hergestellt, doch noch nie einen Papst. Der Chef von Malpol, Zdzislaw Malczuk, war zunächst skeptisch: „Eine 14 Meter hohe Statue – das est für uns eine Herausforderung. Als mir mein Mitarbeiter von dem Auftrag erzählte, war ich zunächst schockiert.“
In der zehntausend Quadratmeter großen Halle kreischen die Sägen, Styroporkrümel führen zur ehemaligen Papst-Werkstatt. Der Marketing-Manager von Malpol Marcin Walasek zeigt, wie diese zehn Tonnen schwere Statue konstruiert wurde: „Das Ganze wurde hauptsächlich von einer Stahlkonstruktion gehalten. Treppen im Inneren der Statue haben die Konstruktion verstärkt“, sagt Walasek. Von außen wurde das Stahlgerüst mit Styropor beklebt. Dann wurden Gesicht und Hände mit Fiberglas modelliert.
Als Vorlage nutzten die Bildhauer ein Foto, das Johannes Paul II. mit erhobenen Händen in einer segnenden Geste zeigt. Marketing-Manager Walasek lächelt: „Wir sind sehr emotional an den Bau dieser Statue herangegangen. Der Papst war der größte Pole, und so bleibt er in unseren Köpfen verankert.“ Bildhauer Mariusz Bukowski sieht seine Arbeit etwas nüchterner: „Ich habe halt eine Aufgabe bekommen und habe mich rangemacht.“ Er grinst: „Ich könnte auch Fred Feuerstein formen.“ Marketing-Chef Walasek lacht etwas betreten und drängt zum Aufbruch.
Der Papst wäre wohl kritisch
Die meisten Polen sind schon jetzt stolz auf ihre Statue. Besonders natürlich die Bürger von Nowa Sol, dass das weltgrößte Papst-Denkmal aus ihrer Stadt kommt und wohl einen Eintrag im Guinnessbuch der Rekorde erhalten wird. Eine ältere Frau mit Strickmütze und dicker Brille, selbst Katholikin, ist dagegen aufgebracht über die Glorifizierung: „Der Papst ist nur ein menschlicher Führer. Man sollte Gott loben und nicht einen Menschen.“
Andere kritisieren die polnische Gigantomanie. Nur 60 Kilometer von Nowa Sol bei Swiebodzin steht bereits die größte Christus-Statue der Welt. In Polen stehen zudem schon Hunderte Papst-Statuen. Es gibt mittlerweile zwei Facebook-Seiten in Polen, eine pro-Papststatue und eine dagegen. In einem Kommentar auf dem Internetportal dziennik.pl heißt es: „Ein seltsames Land, in dem man Toten ein Denkmal baut und nicht an die Lebenden denkt, die jahrelang auf einen Arzttermin warten“. Userin Hanka moniert, dass die riesigen Denkmäler nur von der polnischen Provinzialität zeugten. Einige erinnern auch an die Worte von Johannes Paul II., der gesagt hat: „Baut mir keine Denkmäler, sondern gebt den Kindern zu essen.“