Kérek egy kávét, kérek egy sört! – Ausgehen in Budapest
Budapest (n-ost) Oft hört man in der 2-Millionen-Metropole Budapest, dem Pulsmacher ganz Ungarns, begeisterte Ausrufe von Touristen: „Das ist ja ganz wienerisch!“ Und natürlich lässt sich die österreich-ungarische k.u.k-Vergangenheit nicht leugnen, vor allem nicht die Parallelitäten im Verzehr eines koffeinhaltigen Heißgetränks. In Budapest wie in Wien trifft man sich im Café zum Melange oder zu einem Hosszu Kávé, einem Verlängerten. Das Glas Wasser dazu ist obligatorisch, die Auswahl an Torten meist groß, von Esterhazy Torta bis Dobos Torta. In Wirklichkeit liegen die gemeinsamen Wurzeln allerdings bei den türkischen Besatzern, die die schwarzen Bohnen importierten.
Um 1900 – der Blütezeit der Kaffeehauskultur – soll es in Budapest circa 600 Cafés gegeben haben. Ein berühmtes Café aus dieser Zeit ist das 1858 eröffnete Café Gerbaud am Vörösmarty Tér, das heute von vielen Touristenführern als repräsentativ genannt wirt. Wenn man ehrlich ist, ist es jedoch vor allem teuer, laut, oft mit unhöflicher Bedienung und groß. Die Kuchen schmecken wirklich gut, das stimmt, angeblich lässt sich aber das kleinere und weitaus sympathischere Müvesz (Künstler) von derselben Konditorei beliefern (Andrassy út 29). Den besten „Krémes“ ganz Ungarns, ein Pudding-Quark-Sahne-Creme-Quadrat zwischen karamelisiertem Blätterteig, gibt es auf dem Burgberg in der Konditorei Ruszwurm (Szentháromság utca 7). Diese älteste Institution der Stadt wurde 1827 von Franz Schwabl gegründet: Die originale Biedermeiereinrichtung steht unter Denkmalschutz. Wer es lieber urban hat, sollte das Café Central (nahe Ferenciek Tere) aufsuchen: Die hohen Räume mit goldenen Jugenstilverzierungen, die großen Fenster und eine sehr gute Klimaanlage sorgen dafür, dass man hier essen, trinken und sogar arbeiten kann. Die Tische stehen nicht sehr eng, deutschsprachige Zeitungen liegen aus. Die gesunde Denkatmosphäre hat sich wohl über die Zeiten bewahrt: Denn hier wurde die wichtige moderne Zeitschrift „Nyugat“ (Westen) konzipiert. Eine noch größere Zeitungsauswahl findet man im Café Eckermann – dem Vorhof zum Goethe-Institut (Andrassy út 24). Hier gibt es den größten Milchkaffee der Stadt in einer etwas schwer zu balancierenden Schale, Internet umsonst, vorausgesetzt man findet einen freien Computer, und alle wichtigen deutschen Tages-, Wochen-, Monatszeitschriften, immer aktuell. Das ist wirklich etwas Besonderes, das schafft kein Zeitungskiosk in Budapest, nicht einmal die an den wichtigen Bahnhöfen oder am Flughafen!
Nach den Jahren des Sozialismus, in denen viele der Cafés verfielen (siehe z.B. das immer noch geschlossene Café New York, Erzsébet körút 9-11), wurden in den letzten zehn Jahren jedoch immer mehr Häuser wieder eröffnet. Zum Glück gelten heute nicht mehr die Gastronomie-Vorschriften aus der Mitte des 19. Jahrhunderts: Das Inventar musste mindestens zwei Billardtische enthalten und das Etablissement mindestens 50 Meter von Kirchen, Schulen und Krankenhäusern entfernt liegen.
Kérek egy sört: Kneipen
Budapest hat ein reges Nacht- und Partyleben. Die vielen neureichen und eher schickimickiartigen Bars am schönen, grünen Liszt Ferenc Tér sollte man meiden und stattdessen den Platz überqueren und bis zur Kértesz utca weiterlaufen. Auf der rechten Seite hinter einer schweren Schwingtür liegt eine sympathische, eher alternative Kneipe, das Szimpla, eher Studententreff, also für jüngeres Publikum. Ähnliches findet man im Pot Kulcs, das allerdings größer ist und auch einen kleinen Biergarten mit Kickertischen hat (Csengery utca 65/b, Nähe Westbahnhof/Nyugati pu.). Im Thekenbereich hängt Kunst an den Wänden, im Keller kann man auf Sofas und Sesseln oft kleineren Konzerten (Grunge, Blues, Countryrock, Latin) lauschen. Sehr zu empfehlen ist auch das Café Eklektika in der Semmelweis utca mit 70er-Jahre-Ledersesseln, 2 großen Ventilatoren und Dämmerlicht.
Wer es lieber etwas edler mag, sollte die Raday utca (U-Bahn Kálvin Tér) herunterlaufen. Hier findet sich alles von Weinstube bis mexikanischer Bar. Diese Straße ist eine der renovierten Vorzeigeprojekte Budapests (ähnlich Nagymező utca), mit denen durch Sanierungen die reicheren Mieter wieder in die Innenstadt gelockt werden sollen. Der Aufstyle-Faktor nimmt ab, je südlicher man die Straße herunterläuft, dort wird es studentischer und gemütlicher, z.B. im Paris, Texas oder im Castro.
Kérek két sört: Biergärten
Am typischsten ist vielleicht der kleine ummauerte Rác kért direkt neben dem Rác Bad auf der Budaseite. Abends spielen manchmal lokale Bands auf einer Minibühne und man kann das berühmte mit Schmalz bestrichene und mit Zwiebeln und Paprika bestreute „zsiros kenyér“ essen (gefettetes Brot).
Wer es direkt an der Donau mag: Im südlichen Teil Budapests, an der Petöfi Brücke, Budaseite, haben sich drei große Biergärten, Partygärten unter offenem Himmel angesiedelt, das Rio mit Latino-Schwerpunkt und Leuten zwischen 25 und 30, etwas prollig, das Zöld Pardon (Grünes Pardon) mit Konzerten von ungarischen Bands und einem jüngeren Publikum, sowie, einen 15minütigen Fußmarsch entfernt, das West Balkan, das etwas kleiner, trendiger und schwungvoller ist. Vor dem Zöld Pardon stehen Rikschas, die einen Transportservice zum West Balkan anbieten.
Der Trend des Sommers 2003 sind die Biergärten in der Elisabethstadt. Versteckt gelegen in unsanierten Hinterhöfen, nur zu finden mit Beschreibung, da auf den Straßen keine Hinweisschilder hängen. Die drei schönsten liegen in der Nähe der Király utca, die bald zu einer verkehrsberuhigten Zone werden soll. Dieser Bezirk profitiert in diesem Jahr am stärksten vom oben genannten Sanierungsprogramm. 263 Mehrfamilienhäuser werden für 884 Millionen Forint erneuert. Bürgermeister Demszky betonte im Juli 2003 in einem Gespräch mit der „Budapester Zeitung“, dass er sich mit seinen Berliner und Wiener Kollegen dafür einsetzen wolle, dass in der EU nicht nur die Landwirtschaft, sondern auch die Großstädte mit Fördermitteln bedacht werden: „Schließlich leben achtzig Prozent der Bevölkerung der EU in Städten.“
Der sympathischste Garten ist der Szimpla Kert, Kaniczy utca (von der Király u. aus auf der linken Seite, über den ersten Parkplatz gehen, durch den Hausdurchgang, von außen ist der Garten nicht zu hören und zu sehen!). In dem fast italienisch anmutenden, mit Geranien bepflanzten Innenhof eines gelbgestrichenen, leerstehenden Gebäudes hört man, wenn die indische Sitarmusik nicht zu laut ist, sogar die Grillen. Für Hartgesottene ist gleich daneben, also am Eingang der Kaniczy utca das Wichmanns, Kaniczy utca, eine urtypische Schnaps- und Bierspelunke. Besonders urig zu später Stunde!
Weitere Freiluft-Biergenüsse gibt’s in der Holló utca; man erkennt den Garten an den Türstehern ab Mitternacht und an der lauteren Musik: Elektro, Drum’n’Bass, Techno. Das findet die internationale Community ganz cool – man hört ein Sprachengemisch von Englisch bis Russisch. Die Ungarn kommen in Muskelshirt und Goldkette oder als Bohème, jung oder alt…
Letzter Tipp: Biergarten Gozsdu Udvár (Király utca 13). Am einfachsten erreicht man diesen Biergarten vom Madach tér aus: Zwischen den beiden Hochhäusern (aus den 30er Jahren) hindurchgehen und immer gerade aus, durch den Gartenzaun steigen und schon ist man da. Sieht von weitem aus wie früher das Tacheles in Berlin, vor der Renovierung. Man sitzt in der Mittte von sieben Höfen, quasi zwischen Ruinen. An den Wänden sind Lichtprojektionen.
Kérek egy pálinkát: Clubs
Umsonst, lustiges, gemischtes Publikum und billiges Bier, gute DJs (80s, Soul, Disco, Electronic) und Atmosphäre: all das findet man im Chachacha in der U-Bahnstation Kálvin tér. Tipp: Erst ab Mitternacht hingehen, wird erst ab 1 Uhr voll!! Donnerstags ist ungarische Musik angesagt und um 24 Uhr erklingt die Nationalhymne – dann stehen alle still und lauschen andächtig.
Berühmte Clubs sind das Pacha, Kashmir Underground und der Home Club (mit Dependencen in London und Sydney), hier spielt vor allem House und Dance-Music.
Kleiner und alternativer ist die Tráfo Bar Tango des Kulturzentrums Tráfo (Liliom utca 41). Hier findet von Ballett, Modern Dance, Konzert und Party eher alternative Kultur statt. Am besten informiert man sich über das aktuelle Programm über die Internetseite www.trafo.hu.
Um die Ecke von der Raday utca (siehe oben) liegt das Kultiplex (Kinizsi utca 28), Biergarten, Programmkino und Club in einem. Auch hier sollte man sich über das genaue Programm informieren. Hilfreich ist auch das kostenlose, zweiwöchentliche Stadtprogramm „Pesti Est“, das in Cafés und in Touristenbüros (z.B. am Vörösmarty Tér) ausliegt.
Im Sommer 2003 ist das österreichische Party-Kneipen-Schiff A 38 am ungarischen Donauufer vor Anker gegangen (Petöfi Brücke, Budaseite). Hier kann man einfach nur ein Bier trinken, manchmal gibt es Konzerte (Jazz, Folkrock, Disco, House), Infos über www.a38.hu.
Jó szórakozást Pesten!! Viel Spaß in Budapest!
És egészségedre! Prost!
Nikola Richter
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