Tschechien

Billig-Tankstellen vor dem Aus

An der Station „Tank Ono“ nahe der deutschen Grenze im nordböhmischen Usti nad Labem ist wieder einmal Stau. Die Autoschlange zieht sich bis auf die benachbarte Fernstraße. Die Autos der meisten Kunden, die hier tanken, haben deutsche Kennzeichen. Sie wissen, die Preise sind hier besonders günstig. Im gesamten Grenzgebiet nach Sachsen, Bayern und Österreich sind solche Tankstellen zu finden. Und nicht nur dort.


Der Schwarzmarkt blüht

Das billige Benzin in Tschechien hat allerdings eine dunkle Kehrseite. Der Schwarzmarkt mit Kraftstoffen blüht. Auch illegale Beimischungen von Fremdstoffen sind keine Seltenheit. Immer wieder tauchen in Tschechien Fälle von Motorenschäden auf, die mit minderwertigem Kraftstoff in Verbindung gebracht werden. Auch deutsche Autofahrer waren schon davon betroffen.

Geht es nach dem Willen der tschechischen Regierung, soll damit nun Schluss sein. Gleichzeitig werden die Preise an den Tankstellen im Nachbarland aber auch bald kräftig steigen. Ein entsprechendes Gesetz, das dem illegalen Kraftstoffhandel einen Riegel vorschieben soll, wurde vergangene Woche vom Kabinett in Prag verabschiedet. Demnach brauchen Firmen, die ein Gewerbe im Großhandel mit Kraftstoffen anmelden wollen, künftig eine Lizenz, die mit strengen Auflagen verbunden ist.


Steuerhinterziehung an der Tagesordnung

Im tschechischen Großhandel mit Kraftstoffen tummeln sich laut Zoll inzwischen 1.700 Firmen. Radek Lezatka vom Prager Finanzministerium geht davon aus, dass der Großteil von ihnen nur gegründet wurde, um über ein undurchsichtiges Netz von Firmen Steuern zu hinterziehen. „Während die eine Firma die Umsatzsteuer als Kostenpunkt vom Staat kassiert, wird die nächste, die die Steuer entrichten müsste, in Konkurs geschickt“, beschreibt der Sprecher die gängigste Praxis. Auf diese Weise gehen dem Fiskus jedes Jahr geschätzt über 300 Millionen Euro verloren.

Diesem schwer kontrollierbaren Treiben will das neue Gesetz nun einen Riegel vorschieben. Große Hoffnung ruht auf einer Kaution in Höhe von umgerechnet 800.000 Euro, die jede im Kraftstoffgroßhandel tätige Firma künftig zahlen muss. „Das würde die beschriebene Praxis unmäßig verteuern, der illegale Handel wäre nicht mehr so lukrativ“, so Lehatka weiter.


Billig-Tankstellen vor dem Aus

Was jedoch schwarze Schafe abschrecken soll, ist vor allem bei unabhängigen Betreibern umstritten. Sie fühlen sich gegenüber den großen Tankstellenketten benachteiligt und wollen noch nachverhandeln. Viel Zeit bleibt nicht dafür, denn Prag meint es offensichtlich ernst. Das Gesetz soll im Eilverfahren durch das Parlament gebracht werden und möglichst noch vor dem Sommer in Kraft treten.

Dann dürfte es auch mit den Billig-Tankstellen vorbei sein. Experten erwarten, dass der Kraftstoffpreis im Zuge des neuen Gesetzes im Schnitt um zwei Kronen je Liter steigen wird. Das wären nach heutigem Kurs umgerechnet acht Cent. Derzeit ist ein Liter Super Benzin an den billigsten Tankstellen für umgerechnet 1,33 Euro zu haben – also rund 20 Cent weniger als in Deutschland.


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