Kosovo

Serbischer Frust über neue Grenzposten

Der Hörsaal der Technischen Schule in Mitrovica ist bis auf den letzten Platz gefüllt. Rund 200 Kosovo-Serben kommen in der serbischen Hochburg im Nordkosovo zusammen, um dem Vortrag eines Politikers der nationalistischen Opposition in Belgrad zuzuhören. Slobodan Samardzic ist einer der letzten verbliebenen Kosovo-Gläubigen in der serbischen Hauptstadt Belgrad.

„Serbien ist in Gefahr“, ruft Samardzic, nach dem feierlichen Abspielen der Nationalhymne. „Wir drohen den Kosovo zu verlieren. Schritt für Schritt schafft die Regierung Fakten: Sie verhandelt mit Prishtina und baut eine neue Grenze. Aber was ist das für eine Grenze? Ein Land kann doch nicht durch eine Grenze von sich selbst abgetrennt werden!“ Das Publikum applaudiert höflich.

Ohne Grenzposten keine EU-Beitrittsverhandlungen

Im Kosovo kocht derzeit der Ärger über die neuen Kontrollposten an der Grenze zwischen Serbien und Kosovo hoch – für die Serben offiziell noch eine reine Verwaltungsgrenze. Ab kommenden Montag werden dort zum ersten Mal Grenzkontrollen stattfinden. Über die Details diskutieren die beiden Regierungen gerade in Brüssel. Unterdessen werden derzeit an vier Übergängen in Hochgeschwindigkeit neue Grenzposten gebaut. Das zählt zu den Bedingungen der EU für die Aufnahme der Beitrittsverhandlungen mit Serbien. Die Kosovo-Serben wissen: Wenn die Grenzposten am 10. Dezember ihre Arbeit begonnen haben, ist die Trennung von Serbien kaum noch rückgängig zu machen. Ihre alten Hoffnungen auf eine Teilung des Kosovo und einen Anschluss an Serbien können sie zunehmend begraben.

Am gestrigen Dienstag (4.12.) demonstrierten deswegen serbische Lokalpolitiker und etwa 30 Einwohner in der Nähe der Baustelle am Übergang beim nordkosovarischen Dorf Jarinje. „Wir möchten hier keine Zollgrenze akzeptieren“, sagte der Bürgermeister des Dorfes Leposavic, Slavko Stefanovic, gegenüber der Nachrichtenagentur Tanjug. Gewaltsamen Widerstand planten sie aber nicht.

Die Serben sind wütend - auch auf Den Haag

Der Bau der Grenzkontrollstellen kommt für die Serben zu einem denkbar ungünstigen Zeitpunkt. Die Stimmung unter den geschätzt rund 120.000 Serben im Kosovo ist derzeit eine Mischung aus Wut und Frust. Denn in der vergangenen Woche hatte das UN-Tribunal in Den Haag den ehemaligen albanischen Freischärler und zeitweiligen Ministerpräsidenten von Kosovo, Ramush Haradinaj, freigesprochen hatte. Viele Serben im Kosovo sehen dies als Bestätigung für ihren alten Verdacht, dass das Tribunal anti-serbisch eingestellt ist. „Es gibt ja nur noch Serben im Gefängnis von Den Haag“, sagt einer von ihnen in einem serbischen Lokal in Mitrovica. „Wieso? Sind die Serben ein schlechteres Volk?“, fragt er.

Seit immer mehr Kosovo-Albaner neue Häuser auch nördlich des von den Serben als Völkergrenze definierten Flusses Ibar bauen, wird die Stimmung vor Ort zunehmend gereizter. Jüngster Höhepunkt des symbolischen Krieges war eine über Nacht verschwundene serbische Flagge auf der Burg Zvecan oberhalb der Stadt Mitrovica, die gegen eine albanische ausgetauscht wurde. Die Serben von Mitrovica sehen darin ein weiteres Anzeichen dafür, dass ihnen die Felle davon schwimmen. Von Belgrad fühlen sie sich dabei im Stich gelassen.


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