Dürre vernichtet Ernte auf dem Balkan
„Ein Jahr wie dieses habe ich in den 21 Jahren, seit ich hier lebe, nicht erlebt“, sagt Antun Babic in Djakovo, einem Kleinstädtchen in Slawonien im Osten Kroatiens. Hier, in der Kornkammer Kroatiens, reichen die gelben Maisfelder bis an den Horizont. Auch Babic hat, wie die anderen Landwirte in der Region, vor allem Mais auf den Feldern, aber die Ernte ist dieses Jahr zum großen Teil vertrocknet, denn der Sommer war nicht nur besonders heiß, sondern mit zweieinhalb Monaten auch extrem lange trocken.
Die monatelange Dürre hat überall in den Balkanländern schwere Schäden in der Landwirtschaft hinterlassen. Vor allem Serbien und Kroatien, aber auch Bosnien-Herzegowina und Makedonien verzeichnen hohe Ausfälle, weil die Trockenheit den Boden der Mais-, Weizen- oder Zuckerrübenfeldern vollkommen ausgedörrt hat.
Die Schäden sind für die Länder, in denen die Landwirtschaft rund ein Zehntel der Wirtschaftsleistung erbringt und der Anteil der Beschäftigten hier bis zu 20 Prozent liegt, enorm. Zwar liegen genaue Zahlen noch nicht vor, aber sie dürften umgerechnet einige hundert Millionen Euro betragen. Pessimistische Schätzungen gehen gar bis zu zwei Milliarden Euro.
Allein aus Serbien werden Schäden in Höhe von rund einer Milliarde Euro gemeldet, vor allem beim Mais, aber auch bei Sonnenblumen und Tabak. Die Regierung in Belgrad hat daher den Export von Soja und Sonnenblumen verboten und Warenreserven von Zucker und Öl freigegeben, um Engpässe und Preisexplosionen zu verhindern.
Vladimir Usorac, der Vorsitzende der Bauernvereinigung der Republika Srpska, dem serbischen Teil von Bosnien-Herzegowina, sagt, eine Maisernte von 20 Prozent des Normalen wäre schon phantastisch. Insgesamt dürften 30 bis 40 Prozent der Ernte in Bosnien, die normalerweise rund eine Mrd. Euro wert ist, dieses Jahr ausfallen, schätzen Experten.
Die Folgen sind für die Landwirte, die oft ohne große Kapitaldecke arbeiten, fatal. Sie hoffen nun auf ihre Regierungen. In Kroatien hat die Regierung bereits Hilfen versprochen. In Serbien und Bosnien-Herzegowina dagegen, wo demnächst schwierige Verhandlungen mit dem Internationalen Währungsfonds (IWF) über neue Kreditlinien anstehen, halten sich die Finanzminister bedeckt.
Experten sind die Probleme seit langem bekannt: „Extreme Wetterbedingungen wie Dürre treten in jüngster Zeit immer häufiger auf. Landwirte in den betroffenen Regionen müssen besser darauf vorbereitet werden“, sagt Holger Kray, Leiter der Agrarabteilung der Weltbank für Europa und Zentralasien in Washington. Das könne vor allem durch bessere Ausbildung geschehen und bessere Beratung, an denen es in Ländern wie Bosnien und Serbien noch immer mangelt.
Bewässerung sei zwar wichtig, könne aber nicht alleine helfen. Immerhin sei die EU-Agrarpolitik eine Hilfe für diese Länder. „Je mehr ein Land seine Standards den Prinzipien der EU-Agrarpolitik bereits angeglichen hat, umso weniger anfällig reagiert es auf die Schwankungen der Lebensmittelpreise. Das gibt Grund zur Hoffnung“, so Kray.
Das gilt vor allem für Kroatien, das im kommenden Sommer der EU beitreten wird. In Serbien und vor allem Bosnien-Herzegowina sieht die Realität sehr viel düsterer ist. Seit vielen Jahren wird die Landwirtschaft dort von der politischen Elite vernachlässigt.
Zudem drohen nun auch die steigenden Preise den Lebensstandard der Bevölkerung zu drücken: In Serbien lag die Inflation im August bei 7,9 Prozent mit steigender Tendenz, in Kroatien immerhin bei 4,0, dem höchsten Wert seit dreieinhalb Jahren. Zusätzliche Staatsausgaben für die Bauern gefährden zudem die bisherigen Budgetziele und damit Rating und Staatsfinanzierung der Länder. Vor allem Belgrads Finanzsituation ist prekär. Aber auch in Bosnien muss die Regierung auf Druck des IWF die Hilfen für die Landwirte um fünf Millionen Euro kürzen. Avdo Muslimovic, Chef des Bauernverbandes der Föderation von Bosnien, fordert, diese Kürzungen zurückzunehmen. „Sonst blockieren wir wieder Grenzübergänge“, droht er.