Polen

BVB-Fieber in Polen

„Seit die drei Polen bei Borussia so erfolgreich spielen, sind wir alle hier Dortmund-Fans”, sagt mit leicht ironischem Lächeln Pawel Puchalski, der Wirt der Warschauer Fußballkneipe „Czarna Koszula” (Schwarzes Hemd). Denn so ganz geheuer ist es ihm und seinen Gästen selber nicht, wie sie einem deutschen Klub mit einer Intensität huldigen wie sonst nur polnischen Vereinen oder der polnischen Nationalmannschaft. Denn sollte Borussia Dortmund an diesem Wochenende im Heimspiel gegen Mönchengladbach den zweiten Meistertitel in Folge klarmachen, würde dies nicht nur im Ruhrgebiet Jubelstürme entfesseln, sondern auch in ganz Fußball-Polen.

Für die polnischen Fußballfans liegt die besondere Magie des Augenblicks in der Tatsache, dass drei polnische Spieler nicht nur gemeinsam bei einem sehr erfolgreichen Verein spielen, sondern dass sie an diesem Erfolg großen Anteil haben. Das ist der Unterschied zur vergangenen Meistersaison, in der alle drei auch schon dabei waren, aber bei weitem nicht so spektakulär auftrumpften wie in diesem Jahr. Nun aber produzieren Abwehrspieler Lukasz Piszczek, Mittelfeldmann Jakub Blaszczykowski und Angreifer Robert Lewandowski Tore und Torvorlagen wie am Fließband, sodass in den Medien das Wort von „Polonia Dortmund“ die Runde macht.

Die polnischen Zeitungen widmen Borussia Dortmund mehr Aufmerksamkeit und Raum als jedem polnischen Ekstraklasa-Team. Am Tag nach dem Dortmunder 1:0-Sieg beim Gipfeltreffen gegen Bayern München machte die tägliche Sportzeitung „Przeglad Sportowy“ (Sportrundschau) ganzseitig mit dem gleichen Foto des Torschützen Lewandowski auf wie der „Kicker“ in Deutschland. Doch während der Kicker die Mannschaftsleistung in den Vordergrund stellte – „Der Meister macht´s“ – krönte „Przeglad“ den Torschützen Lewandowski stolz zum „Polnischen König von Dortmund“.

Auch das Fernsehen profitiert. Eurosport 2, in Polen ein Pay-TV-Sender, besitzt die Bundesliga—Übertragungsrechte exklusiv und erreicht mit Dortmund-Spielen kaum erträumte Einschaltquoten. Laut Anna Luszczynska, Marketing-Managerin bei Eurosport Polska, war das Spiel Dortmund-Bayern das meistgesehene Fußballspiel dieser Saison in Polen überhaupt. „Die Spiele von Borussia Dortmund sind derzeit unsere beste Plattform für Marketing-Aktivitäten, um Kundenbindung zu erzielen und unseren Bekanntheitsgrad zu erhöhen“, erklärt Luszczyska. So gibt es etwa Gewinnspiele, bei denen die Teilnehmer Reisen zu Borussia-Heimspielen im Dortmunder Westfalenstadion gewinnen können.

Kein Wunder also, dass sich Eurosport die Bundesligarechte bereits bis zum Jahr 2015 gesichert hat. Und „Przeglad Sportowy“ hat seinen Bundesliga-Berichterstatter Maciej Szmigielski mittlerweile zu einer Art Dortmunder Sonderkorrespondent umfunktioniert. Dem fällt in den letzten Wochen auf, dass ihm die Journalistenkollegen in Dortmund mit einer ganz anderen Achtung begegnen als früher, und zieht daraus weit reichende Schlüsse: „Der größte Erfolg der drei ist vielleicht, so Szmigielski, dass sie nicht einfach sensationelle Sachen auf dem Fußballplatz machen. Vielmehr haben sie das Polenbild der Deutschen verändert.“

Auf einer eigens vom BVB einberufenen Polen-Pressekonferenz wurde das furiose Trio kürzlich gefragt, wie sie ihre Rolle als Botschafter ihres Landes sehen. Jakub Blaszczykowski antwortete sehr treffend und selbstbewusst: „Wir machen Werbung für Polen, und umgekehrt – auch sehr wichtig – eine gute Werbung für Borussia Dortmund in Polen.“ Dies will der Verein künftig durch die Eröffnung eines Fanshops an der Weichsel in bare Münze umsetzen. „Das würde uns sehr entlasten“, bemerkte Lukasz Piszczek dazu schalkhaft, „dann müssten wir drei nicht mehr so viele Trikots nach Polen schicken.“


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