Kroatien

Vorfreude auf den Papstbesuch

In dem kleinen Souvenirgeschäft unweit der Zagreber Kathedrale stapeln sich Kerzen, Kissen und Kühlschrankmagneten, die für umgerechnet drei Euro feilgeboten werden. Auf all den Artikeln prangt das Porträt von Papst Benedikt XVI., der am kommenden Wochenende zwei Großgottesdienste in Zagreb abhalten wird. Schon seit Wochen bereiten sich die Kroaten, die zu 90 Prozent katholisch sind, auf den Papstbesuch vor: Zahlreiche Polizisten bewachen die Straßenecken der Zagreber Innenstadt, überall wurden Blumenbeete neu bepflanzt, in den Schaufenstern der Buchläden dominieren Bibeln. Fast jeden Abend finden in Zagreb Sondergottesdienste statt, auch in den städtischen Parks und vor dem Nationaltheater wird auf offener Straße gebetet.

Zwei Tage wird Benedikt XVI. in der kroatischen Hauptstadt sein. Im Mittelpunkt steht ein Wachgottesdienst mit jungen Menschen am Samstagabend sowie die Sonntagsmesse am „Familientag“, dem 5. Juni, um 10 Uhr auf dem Hippodrom. Besonderes Interesse gilt außerdem dem Treffen des Papstes mit Staatspräsident Ivo Josipovic, einem bekennenden Agnostiker, sowie der konservativen Premierministerin Jadranka Kosor. Denn auf der Agenda dürfte dabei vor allem der geplante EU-Beitritt Kroatiens stehen.


In ganz Kroatien hängen Großplakate, die den Papstbesuch am 4. und 5. Juni ankündigen / Veronika Wengert, n-ost

Das kleine Adrialand mit seinen 4,4 Millionen Einwohnern will spätestens in vier Wochen die Beitrittsverhandlungen abschließen. Dann würde einer Mitgliedschaft, voraussichtlich zum 1. Juli 2013, nichts mehr im Wege stehen. In Kroatien steht man dem EU-Beitritt nach anfänglicher Euphorie jedoch mit großer Skepsis gegenüber. Wäre morgen ein Referendum, würde nicht einmal die Hälfte der Bevölkerung für einen Beitritt stimmen, zeigen aktuelle Umfragen. Der Papst, so die Hoffnung, könnte den überwiegend katholischen Kroaten wieder Mut und Freude auf den Beitrit machen. Benedikt XVI. hatte zuletzt im April die Mitgliedschaft Kroatiens ausdrücklich befürwortet, dabei allerdings darauf hingewiesen, dass man nationale, religiöse und kulturelle Eigenheiten nicht vernachlässigen sollte.

Die junge Englischlehrerin Maja Ivanovic ist an diesem Abend im Zrinjevac-Park unterwegs, der von Wiener Jahrhundertwendehäusern umgeben wird. Sie befürwortet den EU-Beitritt ihres Landes. Dass der Papst gerade jetzt komme, sehe sie als Zeichen der Unterstützung Kroatiens, sagt sie. Jeden Abend um 18 Uhr treffen sich bereits seit einigen Wochen Gläubige in dem Park, um gemeinsam eine Stunde lang den Rosenkranz zu beten – als Vorbereitung auf den Papstbesuch. Maja hat heute keine Zeit dafür. Doch am Samstag wird sie auf alle Fälle auf dem Hauptplatz sein, um am Wachgottesdienst von Papst Benedikt XVI. teilzunehmen. Vor allem junge Menschen sind dazu eingeladen. Sie stehen im Fokus des Papstbesuchs, werden via Twitter und Facebook über den Papstbesuch informiert. Ebenso liegt ein Augenmerk auf den katholischen Familien Kroatiens, die ihren nationalen Feiertag am Sonntag feiern.

Maja lebt in Zagreb, daher kann sie zu Hause übernachten. Wer von weit her anreist, schläft auf dem Messegelände. Die meisten würden jedoch nur einen Tag anreisen, 300.000 kostenlose Karten seien bereits für die Sonntagsmesse auf dem Zagreber Hippodrom verteilt worden, so das Organisationskomitee der Zagreber Erzdiözese. Durch die Tagespilger haben viele Herbergen das Nachsehen: Selbst das moderne Vier-Sterne-Hotel International, das nur einen bequemen Fußmarsch vom Hippodrom entfernt ist, hat noch freie Kapazitäten. 110 Euro kostet das Einzelzimmer – viel Geld für die Kroaten, die durchschnittlich gerade mal 800 Euro pro Monat verdienen. Und in der Provinz liegt der Verdienst  oft noch deutlich darunter.

Doch nicht alle sind begeistert vom Papstbesuch. Die kroatischen Medien kritisieren die hohen Kosten scharf, die mit bis zu 1,8 Millionen Euro angegeben werden. Diese teilen sich Staat und Kirche. Nicht wenig für ein Land, das derzeit an allen Ecken und Enden spart und bei seinen Staatsdienern bereits das Weihnachtsgeld massiv gekappt hatte.


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