Schlechte Qualität für Osteuropa
Kaffee hat in Rumänien immer noch eine besondere Bedeutung. Im Kommunismus war er Mangelware. Für viele Rumänen ist es deswegen immer noch etwas Besonderes, dass heute in den Regalen Produkte wie Jacobs Krönung oder Nescafé stehen.
Doch viele Rumänen lassen sich auch heute lieber noch Kaffee und Schokolade von Verwandten oder Bekannten aus Deutschland oder Österreich schicken. Denn die westlichen Markenprodukte, die in Rumänien erhältlich sind, halten oft nicht das, was sie versprechen. Viele Rumänen klagen, dass die in ihrem Land gekaufte Coca-Cola nicht so gut schmeckt wie in Wien oder München.
Eine im April 2011 veröffentlichte Studie des slowakischen Verbraucherschutzdienstes weist nun darauf hin, dass an dem Verdacht etwas dran sein könnte. Die Studie behauptet, dass Coca-Cola, Jacobs Krönung, Tchibo Espresso, Nescafé Gold sowie schwarzer und roter Pfeffer des Herstellers Kotányi auf dem osteuropäischen Markt eine minderwertigere Qualität haben. Die Konsumentenschützer hatten in Supermärkten in Deutschland, Österreich, Tschechien, Polen, der Slowakei, Rumänien und Bulgarien und Ungarn die gleichen Produkte eingekauft und miteinander verglichen. Dabei stellte sich heraus, dass lediglich die Qualität von Milka-Schokolade unabhängig vom Absatzmarkt gleich war. Alle anderen Lebensmittel hatten in Deutschland und Österreich eine weitaus bessere Qualität.
Die Konsumentenschützer stellten etwa fest, dass Coca-Cola in Osteuropa mit Isoglucose gesüßt wird, die aus Maisstärke gewonnen wird und billiger ist. In Deutschland und Österreich dagegen werden Saccharose und Kristallzucker verwendet. Coca-Cola zeigt sich von den Vorwürfen überrascht. Ibolya Szabo, Senior Communication Manager Coca-Cola Europe, sagte, dass die Firma in vielen Ländern der Welt, einschließlich in den USA, Stärkezucker benutze. In Deutschland und Österreich würde man genauso wie in Rumänien Raffinade benutzen. Man sei folglich „erstaunt über die angeblichen Laborbefunde bezüglich der in Rumänien verkauften Coca-Cola“ und werde diese eingehend prüfen, um zu eruieren, wie es zu dieser „Konfusion“ kommen konnte. Ein Sprecher der deutschen Coca-Cola-Zentrale erklärte, dass die in Deutschland verwendete „125 Jahre alte Rezeptur“ sich nicht von denen in anderen Staaten unterscheide.
Die Studie wurde von der Ständigen Vertretung der EU-Kommission in Bratislava finanziert. Doch der für den Verbraucherschutz zuständige Kommissar John Dalli, der bei einem Besuch in der Slowakei die Ergebnisse erhielt, reagiert verhalten. „Die Studie bezieht sich nur auf eine begrenzte Anzahl von Produkten, außerdem weiß ich nichts über die tatsächliche Verlässlichkeit der Ergebnisse“, sagte ein Sprecher des Kommissars. „Es ist durchaus üblich, dass Produkte der gleichen Marke in verschiedenen Ländern unterschiedlich hergestellt werden. Es ist Aufgabe der Unternehmen, die Qualität zu garantieren.“
In Osteuropa profitieren derweil findige Geschäftsleute vom angeblichen Qualitätsmangel der Produkte. Marius Popescu beispielsweise, der seinen richtigen Namen nicht nennen will, fährt einmal pro Woche zur deutsch-österreichischen Grenze und kauft ein, was in Supermärkten gerade im Angebot ist. Im rumänischen Hermannstadt hält jede Woche ein Bus aus Deutschland und Österreich, voll mit Kaffee, Schokolade und Waschmittel. Am besten verkaufen sich in Hermannstadt Öl und Kaffee, vor Feiertagen Süßigkeiten.
Dass dieses Geschäft nicht unbedingt legal ist, weiß Popescu. Denn Steuern zahlt er auf die verkauften Produkte nicht. Die Idee, den Handel mit Westprodukten zu intensivieren, kam ihm nach einem Deutschland-Besuch, von dem er für alle Nachbarn Kaffee mitbringen musste. Als der Job weg war, blieben die Fahrten. Inzwischen hat er für seine Familie ein Haus gebaut, seine Geschwister auch ins „Geschäft“ gebracht. Seine Kunden kommen zurück, auf einer Decke sind von Seifen und Deos bis Bonbons und Vanillezucker viele Produkte zu finden.
Von der slowakischen Studie weiß er zwar nichts, es kümmert ihn auch nicht. Denn er ist sicher, dass noch viel Zeit vergehen wird, bis die Rumänen die gleiche Qualität bekommen. Und sein Business floriert, denn inzwischen nimmt er Bestellungen für teurere Produkte wie Parfum entgegen.