Polen

Wadowice - päpstlicher Geburtsort

(n-ost) – Frau Jolas kleiner Andenkenladen gleicht einem Fanshop für Johannes Paul II. Sein Portrait lächelt von Schlüsselanhängern und T-Shirts, er steht als legosteingroße Figur neben Postkarten und Kaffeetassen. „Die Bilder verkaufen sich am besten“, sagt die Dame und zeigt auf Fotodrucke und handgemalte Portraits im Ikonenstil an der Wand.

Am 1. Mai wird der 2005 gestorbene Papst Johannes Paul II. selig gesprochen. Das Städtchen Wadowice im Süden Polens fiebert mit. Denn hier, in der 20.000-Einwohner-Stadt, wurde Karol Wojtyla, der spätere Papst, am 18. Mai 1920 geboren. In einer bescheidenen Wohnung wuchs er auf und ging später hier auch zur Schule.


Papst-Statue in der Kirche. Foto: Markus Nowak

„Die ganze Stadt freut sich auf das Ereignis“, sagt der Rentner Zdzislaw Nowak. Als der heute 83-jährige geboren wurde, war Karol Wojtyla gerade acht Jahre alt und lebte mit seinen Eltern in einem bescheidenen Haus am Marktplatz, der heute selbstverständlich „Johannes Paul II.-Platz“ heißt. Hier wird am 1. Mai ein Gottesdienst gefeiert, gleichzeitig wird die Seligsprechung in Rom auf einer Großbildleinwand gezeigt. Das Elternhaus des Papstes verdeckt seit Monaten ein Bauzaun. Pünktlich zum 1. Mai soll es fertig restauriert sein. „Als wir 2010 mit der Sanierung begannen, haben wir nicht erwartet, dass er so bald seliggesprochen wird“, sagt die Ordensschwester Magdalena, die in ihrer Tracht Besucher durch das Städtchen führt.

Die Schwester führt die Besucher vorbei an Bauzaun und Absperrband zum Pfarrhaus. Dort hat man das Kinderzimmer von Karol Wojtyla detailgetreu nachgebaut. Die Wiege steht am Fenster, einige Fotos an den Wänden, ein großes Kinderbild des Papstes in einer Ecke, eine Kommode, ein Wäschekorb: Die spartanische Einrichtung lässt erahnen, in welch bescheidenen Verhältnissen der spätere Papst groß wurde. Bereits in seiner Jugend gab es mehrere Schicksalsschläge: Seine Mutter starb, als Karol neun Jahre alt war. Mit 12 verlor er seinen älteren Bruder, der an Scharlach starb.


De Skier von Karol Wojtyla. Foto: Markus Nowak

Seit 1984 ist das Geburtshaus von Karol Wojtyla Museum. Bis zu einer halben Million Besucher kommen jedes Jahr in das hügelige Städtchen mit dem romantisch-historischen Altstadtkern, um auf den Spuren von Karol Wojtyla zu wandern oder sich in der Ausstellung über sein Leben zu informieren. Auch seine Abfahrtsskier stehen in einem Ausstellungsraum. „Karol Wojtyla war ein begeisterter Sportler und ist als junger Kaplan oft hier in der bergigen Umgebung Ski gefahren“, erklärt Ordensschwester Magdalena.

Anna Kocienska zum Beispiel ist viele Stunden aus Warschau angereist. Die Rentnerin hat das Museum gesehen und möchte jetzt unbedingt die Lieblingsspeise Wojtylas probieren: „Kremowki“, Cremetörtchen. Bei seinem Besuch 1999 in Wadowice beichtete der Papst öffentlich, er sei ein Liebhaber jener kalorienreichen Sünden aus Blätterteig und Vanillecreme. Ein Geständnis, von dem die Bäckereien in Wadowice heute noch profitieren: „1999 war ich die einzige Konditorei mit den Törtchen, heute gibt es mehr als ein Dutzend“, sagt Barbara Leni von der Konditorei „U Leni“, die sich in der Nachbarschaft der Kirche befindet.


Die Cremetörtchen, eine Lieblingsspeise des verstorbenen Papstes. Foto: Markus Nowak

Dem Papst zu Ehren hat die Pfarrei auch die einst graue Basilika kunstvoll verschönert: Die Wände wurden bemalt, das Blattgold an Karol Wojtylas Taufbecken glänzt. „Hier hat alles begonnen“ steht auf einer Tafel in der Hand einer lebensgroßen Holzfigur. Vor der Kirche sitzt der 21-jährige Piotr Klaja auf einer Bank. Als Wadowicer kennt er die Gebäude, in denen Wojtyla aufgewachsen ist, wie etwa die Volksschule oder das Gymnasium auch aus seiner eigenen Kindheit. „Er konnte gut mit der Jugend umgehen“, sagt Klaja über das Verhältnis von jungen Polen und Johannes Paul II. Den Papst habe eine Direktheit ausgezeichnet, er sei an alle Menschen herangetreten.

Die große Wertschätzung von Johannes Paul II., auch unter jungen Menschen, basiert nicht ausschließlich auf der starken Frömmigkeit in dem Land mit einem Katholikenanteil von über 90 Prozent. In Polen wird besonders betont, dass der „polnische Papst“ wesentlich zum Ende des Kommunismus beigetragen habe. Klaja resümiert: „Jeder hier freut sich auf die Seligsprechung. Denn er war ein großer Pole.“
Markus Nowak

ENDE

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