Medien in EU-Staaten unter Druck
Das ungarische Mediengesetz sorgte für Aufregung, doch auch in anderen osteuropäischer Staaten ist politischer Druck auf die Medien an der Tagesordnung. Das slowakische Parlament verabschiedete im Dezember ein neues Mediengesetz, das einen stärkeren Einfluss der politischen Parteien auf den öffentlich-rechtlichen Rundfunk vorsieht. Auch Polen, das in der zweiten Jahreshälfte die EU-Ratspräsidentschaft übernimmt, kämpft mit der Politisierung der Medien. Die Europäische Union sieht fast wortlos zu.
Die slowakische Regierung verpackte ihre Reform zunächst als Sparmaßnahme. Das staatliche Radio und Fernsehen wurden im Januar unter einem gemeinsamen Dach zusammengeschlossen. Die Fusion sei nötig, um die maroden Finanzen des hochverschuldeten Senders zu sanieren, begründete Kulturminister Daniel Krajcer den Schritt.
Experten sehen dies jedoch anders. „Mit dieser Reform will die Regierungskoalition ihre Macht sichern“, meint Štěpán Kotrba, Herausgeber des kritischen tschechischen Portals Britské Listy, der vor vier Jahren selbst Mitglied des Medienrates des Tschechischen Rundfunks war.
Denn künftig wird der Direktor des slowakischen öffentlich-rechtlichen Senders RTS nicht mehr vom Rundfunkrat, sondern direkt vom Parlament gewählt. Darüber hinaus mischt sich der Staat nun auch in die Finanzierung des Rundfunks ein. Die Slowakei schafft bis Ende des Jahres die Rundfunkgebühren ab und übernimmt über Steuergelder selbst die Finanzierung des Senders. „Ohne Gebühren gibt es keine unabhängigen öffentlich-rechtlichen Medien mehr“, kritisiert Kotrba. „Das neue Mediengesetz ist eine Bedrohung für die Demokratie.“
Auch in Polen steht der öffentlich-rechtliche Rundfunk unter direktem politischem Einfluss. Präsident und Parlament ernennen die Mitglieder des Rundfunkrates, die wiederum Personalentscheidungen in den Redaktionen treffen. Besonders unverhohlen machten die Brüder Lech und Jaroslaw Kaczynksi während ihrer Amtszeit von diesem Einfluss Gebrauch. 2006 tauschten die Zwillingsbrüder kurzerhand die Mitglieder des Rundfunkrates gegen Parteigenossen aus, die den Redaktionen Druck machten. „Wir bekamen die Anweisung, dass die Beiträge einer klaren Richtlinie folgen sollten“, sagt Ania, eine Fernsehreporterin, die ihren vollen Namen nicht nennen will. „Wir haben positiv über die Regierung und den Präsidenten berichten müssen. Die Opposition sollten wir dagegen in ungünstiges Licht rücken. Eine Kollegin, die eine tendenziöse Anmoderation nicht vorlesen wollte, wurde entlassen.“
Breite Proteste gegen die Gesetze blieben in beiden Ländern aus. Die geringe Selbstsicherheit mancher osteuropäischer Journalisten spiele den Politikern in die Karten, meint Kotrba. „Anders als im Westen haben die Journalisten hier geringere Löhne und keine sozialen Sicherheiten. Die Mehrheit von ihnen ist kein Wach- sondern eher Schoßhund.“
Doch auch die Europäische Union meldet sich nicht zu Wort. Dabei sind Ungarn, Polen und die Slowakei keine Einzelfälle. Erst vor einem halben Jahr zog sich beispielsweise die WAZ-Mediengruppe aus dem EU-Beitrittsland Serbien zurück. Im Streit mit den dortigen Behörden und einem ortsansässigen Oligarchen war der Versuch gescheitert, die Belgrader Zeitung Vecernje Novosti zu übernehmen. Schon damals beklagte WAZ-Konzernchef Bodo Hombach die Korruption und Vetternwirtschaft in dem südosteuropäischen Land. Im Deutschlandradio erneuerte er nun seine Kritik. „In ganz Südosteuropa, aber auch in einigen anderen Ländern muss man sich Sorgen machen.“
Hombach kritisierte zudem Versäumnisse bei der Behandlung der Medienpolitik in Südosteuropa. Er habe diese Entwicklungen schon vor eineinhalb Jahren zusammengefasst und an den zuständigen Europarat gesandt: „Ich bedaure sehr, dass dieses Thema nie ernsthaft aufgegriffen wurde.“
In Polen hat der liberale Regierungschef Donald Tusk nun selbst eine Reform des Mediengesetzes angestoßen. Bei der Besetzung der Aufsichtsgremien im öffentlich-rechtlichen Rundfunk sollen künftig auch Experten der Hochschulkonferenz ein Mitspracherecht haben. Die Kandidaten werden zwar weiterhin von der Politik vorgeschlagen, aber nun transparent gewählt. Doch obwohl das Gesetz bereits im Herbst beschlossen wurde, kam eine Neuwahl des Rundfunkrats bisher nicht zustande. Die regierende Bürgerplattform konnte sich mit ihren Koalitionspartnern auf keine gemeinsame Kandidaten einigen.
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