Sparen wie die Osteuropäer
Den 100-Milliarden-Euro Kredit, dem die Finanzminister der Europäischen Union am Sonntagabend zugestimmt haben, bekommt Irland nicht ohne die üblichen Auflagen des Internationalen Währungsfonds (IWF). Während der Verhandlungen forderte vor allem Deutschland, dass das Geld an strenge Bedingungen geknüpft werden soll. Noch arbeitet die Regierung in Dublin mit den EU- und IWF-Experten an den genauen Details des Hilfspakets. Doch in manchen osteuropäischen Ländern können die Bürger schon ahnen, was auf die Iren zukommt.
Es gibt nur einen Weg: drastisches Sparen
Trotz wichtiger Unterschiede ist die Wirtschaftslage in Irland der in Rumänien, Ungarn oder Lettland in vielerlei Hinsicht ähnlich. Alle vier Länder hatten vor der Finanzkrise einen Immobilien- und Kreditboom erfahren, dessen plötzliches Platzen eine der wichtigsten Ursachen für die heutigen Probleme ist. Obwohl die drei osteuropäischen Staaten noch nicht der Eurozone gehören, haben die dortigen Regierungen nur wenig Spielraum für eine Abwertung der eigenen Währung, was in der Theorie die Staatsschulden reduzieren und die Exporte unterstützen könnte. In der Praxis ist aber eine solche Maßnahme so gut wie unmöglich, denn die Privathaushalte sitzen auf Schuldenbergen, die sie zum größten Teil in Euro zurückbezahlen müssen. Dies lässt den Osteuropäern, genau wie den Iren, nur einen Weg offen: drastisches Sparen.
Konsum sinkt, Arbeitslosigkeit steigt
Ungarn war der erste EU-Staat, wo sich die Regierung noch 2008, zu Beginn der Finanzkrise, gezwungen sah, einen IWF-Kredit aufzunehmen. Das Haushaltsdefizit hatte schon die von der EU vorgeschriebene Drei-Prozent-Grenze überschritten, die internationalen Finanzmärkte zeigten sich skeptisch und der Forint verlor massiv an Wert gegenüber dem Euro. Die damalige sozialistische Regierung musste die Mehrwertsteuer um fünf Prozent erhöhen, die Gehälter im öffentlichen Sektor einfrieren und einige Stellen kürzen. Der Konsum sank aber weiter, während die Arbeitslosigkeit in die Höhe schoss. Folglich hat die konservative Oppositionspartei Fidesz bei den letzten Wahlen im April 2010 eine Zweidrittelmehrheit im Parlament errungen. Die Unzufriedenheit der Bürger mit den IWF-Auflagen war so groß, dass die neue Regierung des Premiers Viktor Orban die Verhandlungen mit den internationalen Experten platzen ließ. Seit dem Sommer kämpft Ungarn alleine mit seinen Schulden. Bis jetzt ist die angesagte Katastrophe ausgeblieben, doch eine deutliche Erholung der Wirtschaft ist weiterhin nicht in Sicht.
Ungewisse Zukunft
Im Gegensatz zu Budapest hat Bukarest den Verhandlungstisch nicht verlassen. Die rumänische Regierung hat in diesem Jahr das größte Sparpaket seit der Wende auf den Weg gebracht, um einen 20-Milliarden-Euro-Kredit zu erhalten. Alle Gehälter im öffentlichen Sektor sind im Juni um 25 Prozent gekürzt, knapp 100.000 Stellen gestrichen, viele Sozialleistungen ebenfalls um 25 Prozent gesenkt worden. Doch damit nicht genug: Weil eine Kürzung aller Rentenbezüge um 15 Prozent an dem Verfassungsgericht scheiterte, erhöhte die Regierung die Mehrwertsteuer von 19 auf 24 Prozent, was die immerhin angeschlagene Kaufkraft der Bürger weiter senkte. Obwohl dies bei Weitem das ambitionierteste Sparpaket in der EU ist, bleiben die Zukunftsperspektiven Rumäniens weiterhin ungewiss. Das Land steckt tief in einem Teufelskreis des Sparens und Schrumpfens und die ersten Wachstumszeichen rücken immer wieder in weite Ferne.
Doch eine angenehme Alternative zum harten Sparkurs gibt es weder für die genannten osteuropäischen Länder noch für Irland.