Polen

Abschied von der Zigarette

Im Irish Pub in der Danziger Altstadt genießen die Raucher die letzten Stunden ihrer Legalität. Bei Rockmusik und Bier qualmen sie, was das Zeug hält. „Die meisten haben volle Aschenbecher“, sagt Arkadiusz Wielgorz, der bullige Besitzer des Lokals hinter der Theke. „Engländer, Skandinavier und Deutsche sind hier oft zu Gast. Sie wundern sich, dass sie bei uns überhaupt noch rauchen dürfen.“

Doch mit diesen paradiesischen Zuständen ist nun Schluss. Polen verschärft seine Rauchergesetze. Ab Montag (15. November) ist auch hier das Rauchen in Gaststätten verboten. Wer sich nicht an die neuen Gesetze hält, dem drohen Geldstrafen von umgerechnet bis zu 130 Euro. „Wir fürchten, dass wir mindestens ein Viertel unserer Kundschaft verlieren“, sagt Artur Czoska, Besitzer eines Cafés in einem Danziger Einkaufszentrum. „Die meisten unserer Gäste zünden sich eine Zigarette zum Espresso an.“

Nach dem neuen Gesetz müssen sich Besitzer von kleinen Restaurants und Kneipen mit weniger als 100 Quadratmeter Fläche entscheiden, ob sie ihr Lokal als reine Raucherkneipe deklarieren oder nur für Nichtraucher öffnen. In größeren Gaststätten müssen sie Raucherräume einrichten. Der Danziger Wirt Wielgorz müsste dazu seinen ganzen Pub umbauen. „Momentan sehe ich keine Chance, auf die Schnelle einen Raucherraum einzurichten“, bedauert er. Und seine Gäste Ania und Monika, die mit Zigaretten in der Hand zur Musik wippen, sagen: „Wir werden künftig in reine Raucherkneipen gehen.“

Polen hat einen relativ hohen Anteil an Rauchern in der Bevölkerung. Etwa jeder vierte Pole raucht zehn bis 15 Zigaretten pro Tag. Sogar die polnische Gesundheitsministerin Ewa Kopacz gibt in der Öffentlichkeit zu, dass sie gerne zum Glimmstängel greift. Doch die Nichtraucher-Fraktion vor allem im polnischen Parlament hat sich durchgesetzt: Bereits Anfang des Jahres wurde das Rauchen in öffentlichen Gebäuden verboten. Tadeusz Cymanski, Europa-Abgeordneter der Partei Recht und Gerechtigkeit (PiS) weist darauf hin, dass der Tabakkonsum nach der Einführung des Rauchverbots in Italien um elf Prozent gesunken sei. „Das ist ein riesiger Vorteil für die Volksgesundheit“, so der Abgeordnete.

In der deutsch-polnischen Grenzregion haben sich viele Wirte ohnehin schon an westeuropäische Nichtraucher-Standards angepasst. Kaum eine Minute dauert der Fußweg von Görlitz über die Altstadtbrücke nach Zgorzelec. Sehr viele Einheimische, aber auch deutsche Touristen kehren auf der anderen Seite der Neiße ein. Auf immerhin 80 Prozent schätzt Malgorzata Zubrzycka den Anteil der Deutschen unter ihren Gästen – und ja, „viele von ihnen rauchen“, sagt die Wirtin der Kneipe „Przy Jakubie“ („Bei Jakob“). Das Rauchverbot sieht sie trotzdem gelassen. Ihre kleine Gaststätte mit kaum 40 Sitzplätzen zieht sich über zwei Stockwerke. Schon vor einem Jahr hat sie die obere Etage von sich aus als rauchfrei ausgezeichnet. Besonders Familien mit Kindern sitzen seitdem gern hier und genießen qualmfrei dampfende Rote-Beete-Suppe und gefüllte Piroggen.

Nur ein Rauchverbot im sommerlichen Biergarten würde Zubrzycka wohl nicht so gut wegstecken. „Das würde mich Gäste kosten“, ist sie überzeugt. Gerade wird ein separat gelegener Raum in ihrem Haus renoviert, in dem bald bis zu 30 Besucher Platz finden sollen. „Vielleicht wird das unser neuer Raucherraum“, überlegt sie.

Viele Polen sehen das Rauchverbot pragmatisch. Cafébesitzer Artur Czoska aus Danzig will abwarten, ob die strengen  Regeln in der Praxis überhaupt umgesetzt werden. Auch Piotr Strzelecki, ein Gast im Irish Pub, sieht dem Verbot gelassen entgegen: „In Frankreich gibt es zum Beispiel jede Menge Rauchverbote, aber kaum jemand hält sich daran. Es ist wie mit dem Biertrinken auf öffentlichen Plätzen: Es ist verboten, aber jeder macht es.“


Weitere Artikel