Brüssel beendet „Würstchenkrieg“
Mindestens 56 Prozent Rind- und Schweinefleisch müssen sie enthalten, artfremde Zusatzstoffe wie Mehl oder gar Soja, sind streng verboten. Kurz und knubbelig haben sie zu sein, mit fester Pelle aus Naturdarm. Es geht um Speckwürstchen, „spekacky“, eine Leibspeise von Tschechen und Slowaken. Man grillt sie gern, aber ein wirklicher Hit sind sie aufgeschnitten und sauer eingelegt mit reichlich Zwiebeln, Peperoni und Knoblauch als „ertrunkene Würstchen“. Derart stellen sie eine beliebte Beilage zum Bier dar.
Seit ewigen Zeiten werden sie von tschechischen und slowakischen Metzgern zubereitet. So konnte es nicht verwundern, dass die Tschechen die Messer wetzten, als die Slowaken hinter ihrem Rücken versuchten, die Speckwürstchen in Brüssel als regionale „slowakische Spezialität“ eintragen und schützen zu lassen. Mehrer Jahre tobte daraufhin der „Würstchenkrieg“ zwischen beiden Brudervölkern.
Die Tschechen wehrten sich deshalb so vehement gegen den slowakischen Vorwitz, weil ein Schutz der slowakischen Würstchen bedeutet hätte, dass sie ihre tschechischen Würstchen nicht mehr hätten produzieren dürfen, oder nur nach slowakischem Rezept. Dass die Rezepte gleich sind, spielte dabei keine Rolle. Es ging ums Prinzip und die Frage, wer am längeren Ende der Wurst sitzt.
Nach ein paar Jahren unfreundlicher Wortwechsel bis hoch auf Ministerebene einigten sich Prag und Bratislava schließlich darauf, sich die spekacky gemeinsam schützen lassen zu wollen. Brüssel entsprach jetzt diesem Vorschlag. Nach einer Meldung des Internetportals aktualne.cz vom Mittwoch steht der Anerkennung nun nichts mehr im Wege. Es habe aus keinem anderen EU-Land Einwände gegen die „tschechoslowakischen“ Würstchen gegeben, zitierte das Portal den tschechischen Abgeordneten des Europaparlaments, Jan Brezina.
Brezina erinnerte noch einmal daran, „welch enormer Druck“ erforderlich gewesen sei, um zu verhindern, „dass sich die Slowaken die Speckwürste einverleiben“. Ob die Fleischer in Tschechien und der Slowakei jetzt wirklich glücklich sein können, steht auf einem anderen Blatt. Um die Einhaltung der Qualität zu prüfen, werden künftig nämlich immer wieder europäische Lebensmittelinspekteure unangemeldet ihre Nase in die Metzgerstuben stecken. Die Kunden wird es freilich freuen. Seit geraumer Zeit tummeln sich nämlich auch schon Exemplare der spekacky auf den Ladentischen, die von 56 Prozent Fleischinhalt erheblich weit entfernt sind.