Ungarn sieht orange
Ungarn sieht orange: Das Land ist nun auch auf Regionalebene in die orangegelbe Parteifarbe der rechtskonservativen Regierungspartei Fidesz getaucht. Die Partei hat die ungarischen Kommunalwahlen für sich entschieden. Damit festigt Ministerpräsident Viktor Orban seine außergewöhnliche Machtfülle.
Bei den Parlamentswahlen im vergangenen April hatte Fidesz bereits eine parlamentarische Zweidrittelmehrheit erlangt. Nach der Kommunalwahl hat die Regierungspartei jetzt auch die Mehrheit in allen 19 Komitatsversammlungen des Landes inne (die ungarischen Komitate entsprechen in etwa den deutschen Bundesländern). Obendrein konnte Fidesz den Oberbürgermeisterstuhl in Budapest und die Mehrheit in der dortigen Stadtversammlung erlangen. Neuer Oberbürgermeister von Budapest ist Istvan Tarlos, der seinen schärfsten Kontrahenten von den oppositionellen Sozialisten (MSZP), Csaba Horvath, um mehr als zwanzig Prozenpunkte überholen konnte.
Konservativer Bürgermeister in Budapest
In Budapest wird es unter Istvan Tarlos zum ersten Mal seit der Wende 1989/90 eine konservative Stadtführung geben. In den vergangenen 20 Jahren war in der ungarischen Hauptstadt der liberale Politiker Gabor Demszky am Ruder. Demszky hatte schon vor Jahren angekündigt, sich 2010 aus der Politik zurückzuziehen.
Regierungschef Viktor Orban gab sich am Wahlabend euphorisch. Orban betonte, dass es in Ungarn heute eine noch nie dagewesene Einheit und Geschlossenheit gebe. Der Ministerpräsident wies darauf hin, dass die vergangenen zwanzig Jahre in politischer Hinsicht stets von Parteikonflikten geprägt worden seien. Diese konfliktträchtige Periode werde mit dem Triumph von Fidesz bei der Kommunalwahl nun endlich abgeschlossen, so Orban.
Medien fürchten Demokratie-Abbau
Der Chef der oppositionellen Sozialisten, Attila Mesterhazy, erklärte am Wahlabend, dass die Sozialisten bei der Kommunalwahl bewiesen hätten, dass sie das einzig wahre Gegengewicht zu Fidesz und die stärkste Oppositionskraft im Land seien.
Die linke Zeitung Nepszava sieht eine düstere Zukunft auf das Land zukommen. Für Ungarn sei der Wahlsieg von Fidesz eine äußerst schlechte Nachricht. Das Blatt verwies darauf, dass die ungarische Demokratie systematisch abgebaut werde. So säßen an den Spitzen der wichtigsten Institutionen des Landes Parteisoldaten der Regierungspartei. Darüber hinaus habe die Regierung Orban auch die öffentlich-rechtlichen Medien an die Kandare genommen.
Fidesz-Sieg in einstiges Sozialisten-Hochburgen
Ganz anders sieht die regierungsnahe Zeitung Magyar Nemzet die Situation. Fidesz habe ihre durchschlagenden Erfolge bei freien demokratischen Wahlen gefeiert. Es sei schlechthin ein Zeichen von Zorn, Verbitterung und Zynismus, wenn die Verlierer vom Entstehen einer Diktatur raunen, so Magyar Nemzet.
Die Fidesz eroberte aber nicht nur das Amt des Oberbürgermeisters, sondern auch die Mehrheit der Bezirksbürgermeisterstühle. Von den 23 Budapester Stadtbezirken wird die Regierungspartei 19 Bürgermeister stellen. In der Budapester Stadtversammlung wird die Fidesz in den kommenden vier Jahren 17, die MSZP zehn, die Ökopartei LMP und die rechtsradikale Kraft Jobbik jeweils drei Mandate haben.
Bis auf eine Ausnahme feierte die Regierungspartei auch in den 23 größten Städten des Landes Wahlsiege. Einzig und allein in der südostungarischen Stadt Szeged wird es in den nächsten vier Jahren keinen Fidesz-Bürgermeister geben. In Szeged konnte sich der bisherige sozialistische Bürgermeister Laszlo Botka behaupten. Indes wurden selbst jene zwei Städte von der Fidesz eingenommen, die bisher als Hochburgen der Sozialisten gegolten hatten, die nordostungarische Stadt Miskolc und die zentralungarische Stadt Dunaujvaros.