Budapest vor konservativer Wende
In Ungarn gibt es kaum jemanden, der bei den Kommunalwahlen am kommenden Sonntag nicht mit einem triumphalen Ergebnis der rechtskonservativen Regierungspartei Fidesz rechnet. Nach ihrem Erdrutschsieg bei den Parlamentswahlen im vergangenen April und der Erlangung einer parlamentarischen Zweidrittelmehrheit hat die Fidesz nun alle Trümpfe in der Hand, um auch auf Regionalebene den Ton anzugeben. Laut Meinungsumfragen wird bis auf einige Städte und den einen oder anderen Stadtbezirk von Budapest das gesamte Land in die orangegelbe Parteifarbe des Fidesz tauchen.
Fidesz-Sieg so gut wie sicher
Auch in der ungarischen Hauptstadt Budapest gilt ein Wahlsieg der Fidesz als so gut wie sicher. Da sich Noch-Oberbürgermeister Gabor Demszky nicht mehr der Wiederwahl stellt, wird in den nächsten vier Jahren wohl der Fidesz-Kandidat für das Oberbürgermeisteramt, Istvan Tarlos, die Geschicke der Donaumetropole lenken. Der liberale Demszky war 20 Jahre lang das Stadtoberhaupt von Budapest. Sein Rückzug aus der Politik wird einerseits auf seine Amtsmüdigkeit, andererseits auf die vielen mutmaßlichen Korruptionsfälle der vergangenen Jahre zurückgeführt, in die Vertreter der Stadtführung und damit auch enge Mitarbeiter von Demszky verwickelt sind.
Schwäche der Konkurrenten
Dass die Fidesz nun kurz davor ist, praktisch alle Macht in Ungarn zu erlangen, ist weniger ihrer Stärke als vielmehr der Schwäche ihrer Konkurrenten geschuldet. Die oppositionellen Sozialisten (MSZP) etwa, die zwischen 2002 und 2010 an der Regierung waren, haben in den Augen der meisten Wähler jegliche Glaubwürdigkeit verloren. Als Regierungspartei machte die MSZP mehr durch Unvermögen, Misswirtschaft und Korruptionsskandale von sich Reden als durch eine kompetente und zielgerichtete Politik.
„Anti-Zigeuner-Märsche”
Die rechtsradikale Partei Jobbik wiederum, die bei der Parlamentswahl im April knapp 17 Prozent der Wählerstimmen erreichte, hat unter den radikal gesinnten Wählern binnen kurzem erheblich an Anziehungskraft verloren. Seit dem Einzug ins Parlament fällt es Jobbik schwer, sich als jene radikale Kraft zu profilieren, die früher mit Straßenaktionismus und den „Anti-Zigeuner-Märschen” ihres inzwischen rechtskräftig verbotenen uniformierten Arms „Ungarische Garde” für Aufsehen sorgte.
Unter den Kleinparteien hat einzig und allein die 2009 gegründete Ökopartei LMP („Eine andere Politik ist möglich”) Chancen, Kommunalmandate zu erreichen. Andere Kleinparteien hingegen fielen den verschärften Regeln des Kommunalwahlgesetzes zum Opfer, die von der Regierungspartei Fidesz ohne Absprache mit den anderen Parteien willkürlich verabschiedet worden waren. Als Folge konnten viele Parteien keinen Kandidaten für das Oberbürgermeisteramt in Budapest aufstellen, weil es ihnen nicht gelang, die hohe Zahl an erforderlichen „Wahlempfehlungszetteln” einzusammeln.
Kritik an modifiziertem Wahlgesetz
Das modifizierte Wahlgesetz ist auch einer von vielen Punkten, die an der Politik der Fidesz und ihres allmächtigen Vorsitzenden, Ministerpräsident Viktor Orban, kritisiert werden. Kritiker werfen der Regierung vor, die Demokratie mit Füßen zu treten. Zudem muss sich die Regierung Orban den Vorwurf gefallen lassen, ihre parlamentarische Zweidrittelmehrheit zum Abbau des Rechtsstaates und der Gängelung der öffentlich-rechtlichen Medien zu missbrauchen. Im Sommer hatte die Regierungspartei ein Gesetz durchs Parlament gepeitscht, das zwei Fernsehsender, das nationale Radio sowie die ungarische Nachrichtenagentur faktisch der Kontrolle des Ministerpräsidenten unterstellt. „Gesetze wie diese sind eigentlich nur aus totalitären Regimen bekannt“, kritisierte unlängst die OSZE-Beauftragte für die Pressefreiheit, Dunja Mijatovic.
Orban und seine Partei halten dem entgegen, dass sie auf dem „Trümmerhaufen”, den die linksliberalen Regierungen (2002-2010) zurückgelassen haben, ein fundamental neues System schaffen wollen, das Grundlage für ein starkes und prosperierendes Ungarn sein werde.