Amoklauf in Bratislava – 7 Tote
Devinska Nova Ves ist eine typische Plattenbausiedlung am Rande der slowakischen Hauptstadt. Am Montag Vormittag läuft dort alles seinen gewohnten Gang. Die Leute sind unterwegs zum Einkauf in den Supermärkten, junge Frauen bevölkern mit ihren Kindern die Spielplätze. Kurz vor 10 Uhr ändert sich alles: Aus einem der Plattenbauten, in dem sich auch eine wegen der Ferien verwaiste Schule befindet, sind zahlreiche Schüsse zu hören. Anwohner rufen sofort die Polizei.
Zwei Minuten später rast ein erster Streifenwagen zur angegebenen Adresse. In dem Haus fallen immer noch Schüsse. Die Polizisten fordern Verstärkung an, verscheuchen Schaulustige. Plötzlich stürmt ein Schwerbewaffneter aus der Haustür, nimmt sofort die Polizisten unter Feuer, die zurück schießen. Dann stürmt er die Straße entlang und schießt aus einer Maschinenpistole auf alles, was sich bewegt.
Der Mann, nach Informationen der Tageszeitung Sme ein früherer Polizist, hat noch zwei weitere Waffen bei sich und erhebliche Mengen Munition. Über die Ohren hat er sich Ohrenschützer gestülpt. Immer wieder zielt er auf Fenster, aber auch auf Autos. Die Anwohner werden über Polizeilautsprecher aufgefordert, nicht auf die Straße zu gehen und sich von den Fenstern fernzuhalten.
Einem Auto, in dem eine junge Frau mit ihrem Kind sitzt, zerstört der Amokläufer die Scheiben. Beide Insassen bleiben wie durch ein Wunder unverletzt. Die Dreijährige muss dennoch ins Krankenhaus. Dort kümmert man sich um die teilweise schwer Verletzten, von denen am Nachmittag noch nicht alle über den Berg waren. Mindestens 14 Menschen, die unglücklicherweise zum Zeitpunkt der Tat ins Fadenkreuz des Amokläufers geraten, werden verletzt. Als der Täter gewahr wird, dass er von Polizei umzingelt ist, richtet er die Waffe gegen sich selbst. Der Amoklauf dauert Augenzeugen zufolge fast eine Stunde.
In der Wohnung über der Schule findet die Polizei dann ein Blutbad vor. Der Amokläufer hat eine ganze Familie ausgelöscht. Fünf Tote, alle aus einer Roma-Familie. Dazu ein weiterer Toter, ein Verwandter der getöteten Familie, der offenbar zur Tatzeit die Familie besuchen wollte.
Über die Motive und die Verbindungen des Amokläufers zu der Familie ist noch nichts bekannt. Mit einer eintägigen Staatstrauer hat die Slowakei am Donnerstag der
sieben Menschen gedacht, die zu Wochenbeginn von einem Amokschützen in
einem Vorort der Hauptstadt Bratislava getötet worden waren.Während dessen machen abenteuerliche Nachrichten die Runde. Angeblich, so melden die Internetausgaben von Zeitungen, handle es sich bei dem Amokläufer um einen 15-jährigen Drogensüchtigen. Von bis zu neun Toten ist die Rede, auch davon, dass man es mit zwei Tätern zu tun habe. Als die ersten Nachrichten die Runde machen, hängt ein ganzes Volk am Fernseher.
Die Leute, die auf Arbeit sind, verfolgen über Internet das Live-Programm des Nachrichtenkanals TA3. Dort ist für den Nachmittag eine Pressekonferenz angekündigt. Als sie läuft, bricht der Server wegen Überlastung zusammen. Dennoch werden erste Umrisse des furchtbaren Geschehens deutlich. Der Polizeipräsident und der Innenminister sagen auf einer improvisierten Pressekonferenz auf einer Straße des Viertels das, was aus ermittlungstechnischen Erwägungen heraus schon zu sagen ist. Auch, dass unter den Verletzten ein Polizist sei. Der Minister erklärt, man könne nur beten, dass alle Verletzten in den Krankenhäusern durchkommen. Der Schock, der alle Slowaken erfasst hat, steht auch ihm ins Gesicht geschrieben.