Rockfestival in Kostrzyn – kein zweites Duisburg
Es ist früh am Morgen, doch auf dem Festivalgelände werden schon Kisten geschleppt und Bretter zusammengehämmert. An der Bühne bringen Arbeiter eine flammenartige Dekoration an, ein anderes Team entlädt lautstark 600 Dixi-Toiletten aus LKWs. Gegenüber entsteht das Krischna-Dorf, in dem Tofu-Curry und Yogakurse angeboten werden.
Vom 31. Juli bis 1. August erwarten die Organisatoren und die 20.000 Einwohner des polnischen Städtchens Kostrzyn (Küstrin) an der Oder einen Ansturm von mehreren hunderttausend Besuchern. Rund 400.000 Fans reisten voriges Jahr zum Festival „Haltestelle Woodstock“. Allein aus Deutschland kamen laut Veranstalter 80.000 Besucher.
Dutzende Rock-Fans stellen bereits Tage vorher ihre Zelte links von der großen Bühne im schattigen Gebüsch auf. Natalia Neuermann aus dem Saarland kommt zum zweiten Mal zum Festival. „Die Stimmung ist Klasse. Ich habe keine Angst“, versichert die 24-Jährige. „Eine Massenpanik wie in Duisburg kann hier nicht passieren“, ist sie überzeugt.
Woodstock an der Oder: Das Festival findet zum 15. Mal statt und lockt hunderttausende Besucher an; Foto: Marcin Rogozinski
Auch andere Beteiligte bangen nicht um ihre Sicherheit. Sie argumentieren ähnlich wie Natalia: Das Festival finde auf freiem Gelände statt. Anders als die Duisburger Loveparade, die auf einem alten Bahnhofsgelände abgehalten wurde, das nur über einen Tunnel zugänglich war, liegt die Haltestelle Woodstock mitten im Nirgendwo: Die Bühne sowie der riesige Campingplatz sind rund zwei Kilometer von der Stadt entfernt und nicht von Gebäuden umgeben. Auf dem Weg zur Bühne müssen die Besucher auch keinen Tunnel passieren. „Solch ein tragischer Zwischenfall wie in Duisburg wird sich in Kostrzyn nicht ereignen“, versichert auch Oberbürgermeister Andrzej Kunt. „Wir können natürlich einen Panikausbruch nicht völlig ausschließen, aber das Festivalgelände befindet sich auf einer Wiese, mitten im Wald. Die Fluchtwege führen in alle Richtungen.“
„Haltestelle Woodstock“ gilt als größtes nichtkommerzielles Rock-Festival Europas. Seit 15 Jahren lockt es hunderttausende Fans an, zum sechsten Mal findet es in Kostrzyn (Küstrin) an der deutsch-polnischen Grenze statt. Von Freitag bis Sonntag treten auf einer riesigen Bühne 30 verschiedene Bands und Musiker auf, darunter der Geigenvirtuose Nigel Kennedy, die New Yorker Metalband Life of Agony, die amerikanische Rockband Tonic und die polnische Gruppe Lessdress. Die Organisatoren stellen auch eine Bühne auf, die ausschließlich Folkmusik bietet. Im „Dorf der schönen Künste“ finden außerdem Workshops, Straßentheater und Happenings statt.
Ihre Vorfreude wollen die Organisatoren sich nicht verderben lassen – auch wenn die tödliche Massenpanik von Duisburg erst wenige Tage zurück liegt. Jerzy Owsiak, der Vater des polnischen Woodstock, sagt, man dürfe sein Festival nicht mit der Loveparade vergleichen. Die Organisatoren hätten Erfahrung im Umgang mit den jährlichen Menschenmengen. „Wir organisieren das Festival seit 15 Jahren“, sagt Owsiak „Haltestelle Woodstock ist die sicherste Massenveranstaltung in ganz Polen.“