Polen

Fans zittern mit der deutschen Elf

Die Pokale stehen hochglanzpoliert neben der Bar, daneben hängen die polnische Nationalflagge und ein Wimpel des Fußballclubs „Odra Opole“. Die Bar „Toropol“ im schlesischen Oppeln (Opole) wäre eine von vielen Fankneipem zwischen Oder und Bug, wenn nicht viele der Gäste bei den WM-Spielen für das deutsche Team mitjubeln würden. Denn aus Oppeln stammt der deutsche Stürmer Miroslav Klose, dessen Vater Josef einst Linksaußen des Erstliga-Clubs „Odra Opole“ war. Und nur 80 Kilometer weiter wurde der zweite Star der deutschen Elf geboren: Lukas Podolski stammt aus Gleiwitz (Gliwice). Viele Schlesier halten schon deswegen zum Team ihrer beiden Landessöhne.

„Es hat uns riesig gefreut, dass die Torschützen polnische Namen hatten, obwohl wir selbst uns nicht mal qualifiziert haben”, sagt Sebastian Bergiel. Der 28-jährige Fußballamateur meint das erste Gruppenspiel, in dem Podolski und Klose Tore gegen Australien schossen. Bergiel hat in der Fankneipe „Toropol“ aber auch das zweite Spiel gegen Serbien angesehen und mit Deutschland gezittert, als aus den beiden Torschützen tragische Akteure wurden: Klose musste wegen einer gelb-roten Karte vom Platz, Podolski verschoss einen Elfmeter.

Obwohl der Oppelner Klose im entscheidenden Gruppenspiel am Mittwoch gegen Ghana gesperrt ist, wollen die Fans wieder in die Kneipe „Toropol“ kommen und ihrem zweiten Landsmann Lukas Podolski zujubeln. „Hier in Oberschlesien sind die Sympathien für Klose und Podolski sehr groß”, stellt auch Andrzej Slugocki, Sportjournalist einer oberschlesischen Tageszeitung fest. Das ist in Polen keine Selbstverständlichkeit. Viele polnische Fans haben nämlich ein gespaltenes, teilweise sogar feindliches Verhältnis zum deutschen Nationalteam. Denn noch nie in der Fußballgeschichte hat ein rot-weißes Team die deutsche Elf bezwungen.

Aber auch an Klose, Podolski sowie dem aus Nordpolen stammenden Piotr Trochowski scheiden sich die Fans. Immer wieder monieren sie, dass die drei polnischstämmigen Kicker im deutschen und nicht im polnischen Trikot auflaufen. Für manche in der polnischen Fußballszene gelten sie deswegen sogar als Vaterlandsverräter. Kritik, die Fußballamateur Bergiel nicht verstehen kann. „Sie haben den richtigen Weg gewählt, denn erst der deutsche Fußball hat sie zu guten Spielern gemacht“, sagt der 28-jährige Fußballfan.

Eine andere Meinung vertritt Piotr Cichosz aus Lublin. Der 25-jährige Fan glaubt, die Nachwuchsförderung des polnischen Fußballbundes PZPN habe einfach nicht rechtzeitig erkannt, welche Talente im Ausland spielen. Dennoch zählt Cichosz zu den größten Podolski-Fans in Polen. Er hat sogar eine inoffizielle Fanseite für den 25-jährigen deutschen Nationalspieler ins Netz gestellt, Lukaspodolski.pl. Das Motto der Seite: „Polnisches Blut – Deutsches Herz”.

Diesen Slogan könnte Piotr Koziol auch für sich unterschreiben. Der 34-jährige ist selbst deutschstämmiger Pole und Mitglied der deutschen Minderheit in Schlesien. „Podolski und Klose sind typische Vertreter der Minderheit”, sagt Koziol. Denn beide wurden in Polen geboren, reisten aber als Aussiedler in die Bundesrepublik aus. „Die Polen behaupten, sie seien eigentlich Polen, die Deutschen attestieren die beiden Stürmer für sich, aber eigentlich gehören sie zu uns”, sagt der Schleesier Koziol. Er drückt Podolski am Mittwoch gegen Ghana die Daumen. Denn bei einem Sieg zieht Deutschland ins Achtelfinale ein, und der zweite Schlesier im Team, Miroslav Klose, stünde auch wieder auf dem Rasen.


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