Kirgisistan

Bischkek pokert um US-Stützpunkt

Nachdem der gestürzte Präsident Kirgistans, Kurmanbek Bakijew, das Land am Donnerstag mit einem Flugzeug Richtung Kasachstan verlassen hat, muss sich die provisorische Regierung, die nun eine Woche im Amt ist, den drängenden sozialen und außenpolitischen Fragen zuwenden. Eine Schlüsselfrage dabei ist, wie Bischkek mit dem amerikanischen Stützpunkt Manas verfahren will, über den die USA seit 2001 einen Großteil ihres Soldaten- und Güter-Nachschubs nach Afghanistan abwickelt.

Während der Unruhen wurde der Flugbetrieb in Manas eingestellt. Im „Northern Distribution Network“, einem komplizierten Versorgungsnetz für Afghanistan, in dem Flugzeuge, Lastwagen und die Eisenbahn eingesetzt werden, kam es zu einem Durcheinander, sagte wie Manas-Stützpunkt-Sprecher Rickardo Bodden gegenüber dem Internetportal Eurasianet. Inzwischen läuft in dem Stützpunkt offenbar wieder Normalbetrieb.

Russland sieht Zentralasien nach wie vor als seine Einflusssphäre. Seit 2003 unterhält es den Luftwaffenstützpunkt „Kant“ in Kirgistan. Nun drängte der Kreml die neue Regierung in Bischkek dazu, den amerikanischen Stützpunkt Manas endlich zu schließen. Er konnte 2005 mit Unterstützung von Peking bereits die Schließung des US-Luftwaffenstützpunktes in Usbekistan durchsetzen. Doch ob Moskau nach dem Umsturz seinen Einfluss in Kirgistan ausbauen kann, ist unsicher.

Vielmehr scheint es indes so, dass die neue Regierung, wie schon unter Bakijew, die Schaukelpolitik zwischen Moskau, Washington und Peking fortsetzt. Dazu kamen in den vergangenen Tagen widersprüchliche Signale aus Bischkek. Vor der Ankunft von Robert Blake, dem Eurasien-Experten der US-Regierung, hatte die Chefin der Übergangsregierung Rosa Otunbajewa in einem Interview erklärt, das Abkommen mit den USA über die Nutzung von Manas werde verlängert. Wenige Tage zuvor hatte der stellvertretende Ministerpräsident Omurbek Tekebajew noch einen außenpolitischen Kurswechsel angekündigt und erklärt, man werde die Vertragsverlängerung erst noch prüfen.


Knotenpunkt Manas
Der Stützpunkt „Manas“ liegt 20 Kilometer nördlich der kirgischen Hauptstadt Bischkek und ist für die Amerikaner seit 2001 ein Knotenpunkt für den Nachschub nach Afghanistan.

Nach Angaben des Internetportals Eurasianet passierten den Stützpunkt im März 2010 50.000 amerikanische Soldaten, die nach Afghanistan geflogen wurden oder von dort kamen.
Von Manas aus starten auch amerikanische Flugzeuge, welche US-Kampfflugzeuge im Luftraum von Afghanistan auftanken.

Um sich nicht von dem Stützpunkt in Kirgistan abhängig zu machen, sucht Washington offenbar derzeit nach Ausweichmöglichkeiten. Wie die Moskauer Nesawisimaja Gaseta berichtete, verhandelte Barak Obama mit seinem kasachischen Amtskollegen Nursultan Nasarbajew Mitte dieser Woche in Washington über eine neue Route des Afghanistan-Nachschubs.


In der kirgisischen Bevölkerung gibt es viele Stimmen gegen den Stützpunkt Manas. Dies hängt vor allem damit zusammen, dass die Menschen im Land bisher nichts von den amerikanischen Pachtgebühren hatten, weil die Gelder aus den USA in die Taschen der herrschenden Bakijew-Familie flossen.

Im letzten Jahr hatte Moskau mit Hilfs- und Kreditzusagen von über zwei Milliarden Dollar versucht, die Regierung von Kirgistan zur Schließung des amerikanischen Nachschub-Stützpunkts Manas zu bewegen. Präsident Bakijew hatte dem Drängen nachgegeben und den Vertrag mit den Amerikanern gekündigt, dann aber einen Rückzieher gemacht. Der Grund war offenbar, dass die USA die Pachtgebühr für Manas von 17 auf 60 Millionen Dollar erhöhten und außerdem 117 Millionen Dollar für Infrastrukturmaßnahmen und andere Hilfen zusagten.

Russland setzte daraufhin seine Kreditzahlungen an Bischkek aus. Der russische Präsident Dmitri Medwedew rügte das gebrochene Versprechen von Bakijew am Mittwoch in einer Rede vor Sicherheitsexperten in Washington als „nicht folgerichtig“. Dennoch war Russlands Ministerpräsident Wladimir Putin der Erste, der der neuen Regierung in Bischkek unmittelbar nach dem Umsturz in der vergangenen Woche Unterstützung anbot. Inzwischen hat Putin Finanzhilfen von 50 Millionen Dollar zugesagt und weitere Hilfen in Aussicht gestellt.


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