Ungarn

Jobbik – rechtsextrem erfolgreich

Sie sind jung und gebildet, gut aussehend und erfolgreich – und inszenieren sich im Internet als Traumpaar der ungarischen Rechtsextremen. Bilder auf ihren Webseiten zeigen sie Rücken an Rücken sitzend, im Schoße jeder einen Laptop. Er machte gerade Schlagzeilen, weil er eine EU-Fahne öffentlich verbrannte, sie hingegen tritt artig auf, dabei immer züchtig-feminin herausgeputzt, meistens in designerisch veredeltem Trachten-Look. Sie – das sind: Elöd Novak, 32, Vize-Chef der rechtsextremen Partei Jobbik (Die Besseren), und seine Frau Dora Duro, 25, Parteisprecherin, beide Abgeordnete im ungarischen Parlament.

Duro wirbt stolz damit, die jüngste Volksvertreterin zu sein. Auch ihr Mann gerät schnell ins Schwärmen, wenn er über das Durchschnittsprofil der Jobbik-Mitglieder und der Jobbik-Wähler spricht. „Wir sind deutlich jünger und dynamischer als die Mitglieder anderer Parteien“, sagt Elöd Novak, „und viele unserer Wähler sind Studenten oder haben akademische Abschlüsse.“

Tatsächlich: Jobbik, die bei der Parlamentswahl im April 2010 17 Prozent der Stimmen erhielt, ist nicht die Partei der „Verlierer“ und „Absteiger“, sondern eine Partei der jungen Mittelklasse, der gut Ausgebildeten und Aufstrebenden. Eine neue Studie des Budapester Tarki-Institutes belegt, dass ein Drittel der Wähler unter 37 für Jobbik stimmen. Mehr noch: Die „Besseren“ haben sich inzwischen als zweitstärkste politische Kraft des Landes etabliert: In Umfragen liegen sie seit Monaten knapp vor den Sozialisten, bisher die größte Oppositionspartei.

Der Aufstieg der Rechtsextremen vollzieht sich schon seit Jahren langsam und scheinbar unaufhaltsam. Verantwortlich dafür ist vor allem, dass die etablierte politische Klasse – die Sozialisten und der gegenwärtig regierende national-konservative Bund Junger Demokraten Fidesz – viele tiefgreifende Probleme Ungarns wie Verarmung ganzer Bevölkerungsschichten, hohe Arbeitslosigkeit in einzelnen Regionen oder schlechte Gesundheitsversorgung nicht gelöst hat.

Doch nach Ansicht vieler Beobachter reichen die Gründe tiefer. Der deutsch-ungarische Politologe Aron Buzogany etwa sieht die „Bewegung für ein besseres und rechteres Ungarn“, wie Jobbiks vollständiger Name lautet, als Produkt einer jugendlichen Anti-Establishment-Revolte von rechts außen, eine Art „ungarisches 1968“. „Die jüngere Generation ist mit einem Systemwechsel aufgewachsen, der kein wirklicher Neuanfang war“, sagt Buzogany.

Doch der Erfolg von Jobbik beruht auch auf einem Politikstil, der sich von anderen Parteien weitgehend abhebt. Keine andere Partei macht so viel Basis- und Vor-Ort-Arbeit wie Jobbik, fast täglich sprechen Jobbik-Politiker auf so genannten Einwohnerforen, hören sich noch im kleinsten Dorf die Sorgen der Menschen an. Vor allem aber platzieren sie ihre Ideologie in einem äußerst gut organisierten Netzwerk aus hunderten von rechtsextremen Internet-Seiten, deren Knotenpunkte einige sehr professionelle Multimedia-Webportale sind wie beispielsweise barikad.hu, die Webseite des Jobbik-Wochenmagazins bar!kad.

„Das Internet war und ist für uns sehr wichtig“, bestätigt der Jobbik-Abgeordnete Marton Gyöngyösi. „Zum einen, weil uns die klassischen Medien nur sehr eingeschränkt Zugang geben, zum anderen weil wir unsere jungen Wähler am besten über die neuen Medien erreichen.“

Experten beobachten den Trend seit längerem. „Jobbik ist die erste Partei in der ungarischen Geschichte, die die Vorteile des Internets wirkungsvoll für sich genutzt hat“, sagt der Budapester Politologe Jozsef Jesko vom Meltanyossag-Institut, der den ungarischen Rechtsextremismus im Netz seit einigen Jahren erforscht. Dabei, so betont Jesko, sei es nicht die Jobbik-Partei, die das rechtsextreme ungarische Netzwerk im Web aufgebaut habe und kontrolliere: „Kleine Gruppen mit ähnlichen Überzeugungen, aber vielen verschiedenen Interessen haben mit Hilfe des Internets Verbindung aufgenommen und sich gemeinsam eine völlig geschlossene virtuelle Welt erschaffen.“

Auch Dora Duro und Elöd Novak sind seit Jahren Webprofis. Die Jobbik-Parteisprecherin hielt Wähler und Fans letztes Jahr im August über die Geburt ihrer Tochter multimedial auf dem Laufenden. Ihr Mann hingegen gilt als einer der Redakteure des extrem antisemitischen und rassistischen Webportals kuruc.info, das in Ungarn verboten ist, aber nicht abgeschaltet werden kann, weil es von einem Server aus den USA betrieben wird.

Elöd Novak bestreitet natürlich, kuruc-Redakteur zu sein. „Ich pflege einfach gute Beziehungen zur Redaktion“, bekennt er jedoch ungeniert. „Manchmal schicke ich ihnen sogar per Mobiltelefon Material direkt aus Parlamentssitzungen heraus.“


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