Polen

Eile mit dem Rauchverbot

Die Schneeschmelze hat sie überall auf den Straßen sichtbar gemacht: die vielen Kippen in der nordpolnischen Küstenstadt Gdynia. „Es gibt sie überall. Die meisten Kippen liegen auf den Bürgersteigen und auf den Fahrradstrecken herum“, ärgert sich Krzysiek Kambrowski. Er und sein Kumpel Marcin Potocki, beide in knallgrünen Westen, fegen regelmäßig die Hauptstraßen in Gdynia. Auf den Grünflächen, um Mülleimer und Bänke verteilt liegen die Stummel. „Ich selbst bin kein Raucher. Ich bin dafür, dass Rauchen ganz verboten wird“, sagt Marcin verärgert.

Bald ist diese Unordnung, zumindest in seiner Stadt, vorbei. Denn Rauchen an öffentlichen Plätzen soll nun auch in Polen gänzlich verboten werden. Betroffen sind Kneipen, Restaurants und sogar Diskos. Auch im öffentlichen Nahverkehr, an Haltestellen, in Taxis, Dienstwagen, Krankenhäusern, Arztpraxen, staatlichen Firmen, Stränden und Kinderspielplätzen darf bald nicht mehr geraucht werden.

Für diese sehr strengste Variante des Rauchverbots, die das polnische Parlament im Februar verabschiedete, votierten die Abgeordneten von Recht und Gerechtigkeit (PiS) und von der konservativen Volkspartei (PSL). Die  Bürgerplattform (PO) hätte das Gesetz etwas liberaler gehalten, die Linken sind dagegen. Der Beschluss muss noch den Senat passieren und vom Staatspräsidenten unterschrieben werden.

Bis dahin schreibt der Stadtrat von Gdynia seine eigenen Gesetze. Bereits Ende Februar hat er einstimmig einen Beschluss zum Rauchverbot angenommen. Die Abgeordneten listen darin die öffentlichen Plätze auf, an denen Rauchen ab April ganz verboten sein wird. „Das sind Kinderspielplätze, öffentliche Strände und Haltestellen“, zählt Tadeusz Szemiot von der regierenden Bürgerplattform PO auf. Szemiot ist einer der Initiatoren des neuen Beschlusses. „Man weißt nie, wie lange es auf Staatsebene dauern wird. Der Gesetzgebungsprozess in Polen ist mühsam und kompliziert. Die Stadt Gdynia hat aber schon jetzt Bedarf an einer Regelung und kann nicht so lange warten“.

Neun Millionen Polen rauchen jeden Tag 15 bis 20 Zigaretten. „An Raucher-Krankheiten sterben hierzulande 70.000 Menschen jährlich“, zitiert Tadeusz Szemiot die neuesten Statistiken. „Nicht nur aktives, auch passives Rauchen bringt gesundheitliche Schäden mit sich. Deshalb sollen die öffentlichen Einirchtungen in der Stadt rauchfrei bleiben“, begründet Szemiot das neue Rauchverbot in Gdynia.

                                 
Auch heute schon darf in manchen Gebäuden in Polen nur in speziellen Räumen geraucht werden. Mit dem neuen Gesetz wird es noch mehr solcher Raucherzonen geben /  Katarzyna Tuszynska

Dieser Meinung sind auch viele Passanten auf den Straßen von Gdynia. „Auf dem Spielplatz darf man nicht rauchen. Da gibt es doch Kinder!“, fordert Maria Witczak, eine ältere Einwohnerin von Gdynia. „Auch die Bus- und Straßenbahnhaltestellen sollen von Zigarettenrauch frei bleiben. In den Kneipen sollten Raucherzonen ausgewiesen werden.“ Bogusław Światoniowski fügt hinzu: „Ich bin kein Raucher. Ich hasse Rauchen und bin für den neuen Beschluss.“

Einer ganz anderen Meinung sind die beiden Studenten Piotr Kazanowski und Michał Potocki. „Das ist doch toll, wenn man in der Frühlingssonne hier am Strand eine raucht. Wen stört das? Niemand wird auf den neuen Beschluss achten. Das ist doch Unsinn!“, ärgern sich die beiden. Doch so ein Verhalten könne bereits im April mit einer Geldstrafe von bis zu 500 Zloty (140 Euro) bestraft werden, warnt Sylwia Szumilewicz von der Stadtverwaltung.

An der polnischen Küste ist man jedoch etwas liberaler als auf Staatsebene. „Über das Rauchen in Restaurants, Pubs und Diskos entscheiden hier weiterhin ihre Besitzer“, erklärt der Stadtratsabgeordnete Tadeusz Szemiot. „So wie der Gastwirt zu Hause entscheidet, ob man bei ihm rauchen darf oder nicht, so soll auch der Restaurantbetreiber darüber alleine entscheiden können.“

Tadeusz Szemiot, der Initiator des Rauchverbots in Gdynia, ist selbst Raucher. Wie er sagt, darf er zu Hause nicht rauchen. „Wenn ich jedoch an der Haltestelle rauchen will, dann gehe ich einfach die gesetzlichen 20 Meter weiter und da kann ich ruhig rauchen, ohne andere zu vergiften.“

Das neue Rauchverbot in Gdynia tritt noch in diesem Frühling in Kraft. Das freut auch die Straßenfeger Krzysiek und Marcin. Dank des neuen Gesetzes werden sie weniger zu tun haben, besonders im Sommer, wenn noch zusätzlich eine ganze Menge Touristen – darunter auch Raucher- ihre Stadt besuchen werden.


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