Geländewagen soll Rumänen begeistern
Obwohl sich seit einigen Jahren die neuen Modelle der rumänisch-französischen Company Dacia-Renault immer größerer Beliebtheit in Europa erfreuen, ließen sich die Rumänen von der einheimischen Produktion bislang nicht überzeugen. Nachdem im Kommunismus der Dacia für die Rumänen die einzige Option war, haben nach dem Fall des Eisernen Vorhangs viele die alten Autos gegen ebenfalls alte Autos aus dem Ausland getauscht. Nun soll der Dacia Duster die Landsleute wieder für die einheimische Marke gewinnen.
Georg Schneider ist ein untypischer Rumäne – er hat immer einen Dacia bevorzugt: „Für mein erstes Auto – in der kommunistischen Ära – habe ich einen Antrag stellen müssen. Ich wollte einen Trabi aus der DDR kaufen, doch der Antrag wurde abgewiesen – mit der Empfehlung, einen Dacia 1300 zu erwerben.“ Das war 1978, und der Dacia 1300 war noch nicht bekannt. Das Vorgängermodell, der Dacia 1100, wurde im südrumänischen Craiova gebaut – wo nun auch der Duster produziert wird.
„Ein Trabant war fast zum halben Preis des Dacia 1300 zu haben“, sagt Georg Schneider, der 150 Kilometer fahren musste, um das neue Auto zu kaufen. „Es gab einige Zentren im Land, wo der Dacia verkauft wurde. Der Mechaniker hat mehrere Autos angelassen und mich wählen lassen.“ Das Autor wurde damals nicht nach der Größe des Motors ausgewählt, sondern nach dem Klang. „Das Auto wurde dann entfettet und gewaschen, ich habe etwa zehn Liter Benzin erhalten und los ging es – von Probefahrt war keine Rede.“ Beim Duster kann man heute zwischen drei verschiedenen Motoren wählen, davon zwei mit Diesel. Und eine Probefahrt gehört heute zum Standard.
Genauso wenig sprach man damals von Garantie, doch Georg hat sie auch nicht gebraucht – das Auto hat lange durchgehalten: „Vor einigen Tagen habe ich meinen ersten Dacia auf der Straße fahren sehen. Ich habe ihn allerdings nach nur sechs Jahren verkauft, denn ich hatte einen anderen Dacia gewonnen.“ Ohne Garantie würde er heute jedoch kein Auto mehr kaufen – für den Duster gibt es immerhin drei Jahre.
1984 war es viel komplizierter, einen Dacia zu kaufen. Man musste fünf bis sechs Jahre warten, bis man „an die Reihe kam“, um das Auto abholen zu dürfen. Ein Gebrauchtwagen kostete damals mehr als ein neuer. Dabei war auch ein neues Auto nicht gerade billig: Man musste rund das 30-fache des damaligen Durchschnittsgehalts berappen. Heute ist der Dacia Duster der billigste Geländewagen, der in Europa gebaut wird. Der angekündigte Preis liegt zwischen 10.500 und 16.500 Euro. Allerdings müssen potenzielle Käufer auch heute Wartezeiten in Kauf nehmen: Wie die Firma kürzlich mitteilte, gibt es bereits tausende Bestellungen.
Georg Schneider erinnert sich auch gut an den Kauf seines zweiten Autos: „Ich musste direkt zur Fabrik fahren und bin gegen Mitternacht an die Reihe gekommen. Ich war sehr aufgeregt.“ Die Aufregung war allerdings weder der Vorfreude auf das neue Auto geschuldet, noch dem Umstand, dass die lange Wartezeit vorüber war. Jeder Autokäufer sorgte sich, ob der neue Wagen fährt oder nicht. Wenn das Auto nicht ansprang, wurde es aus der Fabrik heraus geschoben, und der Käufer suchte sich gleich einen Mechaniker, um den Schaden beheben zu lassen.
Eine Reihe alter Dacias / Sebastian Marcovici, n-ost
Georg hatte damals Glück, das Auto sprang an. Es fehlte allerdings das Reserverad. Der Mechaniker holte einfach eines aus einem anderen Auto: „Mindestens einer ist ohne Reserverad in der Nacht gefahren“, sagt Georg, der heute im Ruhestand ist. Die meisten nahmen einfach das Auto wie es war, kaum einer traute sich zu meckern. Auch die Farbe konnte man sich nicht aussuchen. „Wie es kommt!“, war die Antwort des Mechaniker auf Georg Schneiders Frage nach der Farbe des Autos. Er wollte ein weißes, es wurde aber ein gelbes.
Als nach dem Fall des Eisernen Vorhangs die Rumänen nach Österreich und Deutschland stürmten, um Gebrauchtwagen zu kaufen, tanzte Georg Schneider aus der Reihe: „Ich wollte ein neues Auto haben, deswegen habe ich mich wieder für einen Dacia 1300 entschieden. Noch wurden keine anderen Modelle produziert, inzwischen hatte man aber die Möglichkeit zu wählen“, erzählt Georg. Einen Duster will er sich nun zwar nicht kaufen, aber der im Rest Europas längst bekannte Dacia Sandero sei eine Option.
Viele Jahre nach der Revolution war es für die Rumänen wichtig, dass ihr Auto aus dem Ausland kommt. Jetzt wendet sich Dacia-Renault wieder an den rumänischen Durchschnittskäufer. Und da die Straßen in Rumänien oft eine Katastrophe sind – von Autobahnen können Rumänen nur träumen – ist der Geländewagen eine gute Option.