Opel stellt wieder ein
Der Autobauer will in Polen bis zu 700 neue Mitarbeiter beschäftigen / Werk in Gliwice gilt dank niedriger Löhne als eines der produktivsten des Konzerns
(n-ost) – Die gut 2500 Opelaner im polnischen Werk Gliwice können durchatmen: GM, der US-amerikanische Mutterkonzern des Rüsselsheimer Autobauers, will nicht nur, wie vor einigen Tagen angekündigt, keine weiteren Mitarbeiter in dem südpolnischen Werk entlassen, sondern demnächst weitere 600 bis 700 Menschen vor allem für die Produktion einstellen.
Ein GM-Vertreter in Polen bestätigte am Donnerstag, dass eine dritte Schicht eingerichtet werden soll und deshalb Personal gebraucht werde. Diese Schicht war Ende 2008 zunächst eingestellt worden, rund 600 Mitarbeiter hatten damals ihre Anstellung verloren. In dem Werk waren 2009 mit 96.000 Einheiten etwa 43 Prozent weniger Fahrzeuge vom Band gerollt als noch 2008.
Nun aber sollen Anfang April dieses Jahres die ersten neuen Mitarbeiter ihren Job bei Opel in Gliwice antreten, sagte am Donnerstag eine Vertreterin der Arbeitszeitfirma Adecco Poland, die für die Anwerbung zuständig ist. Grund für die Neueinstellungen und das erneute Anfahren der dritten Schicht ist die Produktion des neuen Astra-Modells IV, das seit November 2009 in Gliwice wie auch im britischen GM-Werk Ellesmere Port hergestellt wird. Allein von diesem Modell will GM im laufenden Jahr rund 180.000 Einheiten absetzen. Unklar ist noch, wie viele davon in Gliwice montiert werden. In dem Werk in der 200.000-Einwohner-Stadt, das auf dem Gebiet einer steuerlich günstigen Sonderwirtschaftszone angesiedelt ist, werden zudem die Opel-Modelle Zafira und Astra III gefertigt.
Bereits im Dezember 2009 wurde zwischen Geschäftsleitung und Betriebsrat eine moderate Lohnerhöhung von 3,3 Prozent ausgehandelt, dazu kommt eine Prämie für die erfolgreiche Einführung der neuen Astra-Produktionslinie. Das Werk in Gliwice gilt europaweit als eines der modernsten und nicht zuletzt dank der niedrigen Löhne als eines der produktivsten des Konzerns. Ein Arbeiter verdient nach Angaben von GM in Polen umgerechnet rund 850 Euro brutto monatlich. „Gleichwohl werden nicht alle Beschäftigten, die nun neu eingestellt werden sollen, formell zu GM-Mitarbeitern, sondern zum Teil über die Arbeitszeitfirma Adecco Poland beschäftigt“, sagte ein GM-Sprecher in Polen am Freitag auf Anfrage.
Die polnische Regierung hat bislang nicht zugesagt, über die in der Sonderwirtschaftszone ohnehin geltenden niedrigen Steuersätze hinaus weitere Hilfen zu leisten. Eine Sprecherin des Wirtschaftsministeriums sagte am Freitag auf Anfrage, dass GM bislang weder die polnische Regierung noch das polnische Wirtschaftsministerium formell um Staatshilfen gebeten habe. Der GM-Sprecher sagte, dass auf europäischer Ebene Gespräche geführt würden, an denen auch Vertreter der polnischen Regierung teilnähmen. In dem Anfang Februar von GM vorgestellten Sanierungsplan für die europäischen Opel- und Vauxhall-Werke waren keine Stellenstreichungen für das Werk in Gliwice vorgesehen.
Laut Gesamtsanierungsplan sollen europaweit rund 8.300 der 48.000 Stellen bei Opel wegfallen, allein 4.000 davon in Deutschland. Zugleich fordert GM von Deutschland etwa 1,5 Milliarden Euro an Staatshilfen, europaweit sind insgesamt 2,7 Milliarden Euro an staatlichen Geldern beantragt. Zusätzlich zu den Staatshilfen sollen auch die Opel-Mitarbeiter ihren Beitrag zur Sanierung von Opel leisten – laut Plan jährlich 265 Millionen Euro in den Jahren 2010 bis 2014. Der Gesamtbetriebsrat von Opel lehnt den Sanierungsplan und die Forderungen bislang ab, nicht zuletzt deshalb, weil der Plan die Schließung des Opel-Werks im belgischen Antwerpen beinhaltet.
Das polnische Opel-Werk befindet sich der Subzone Gliwice, die wiederum zur größten der 14 in Polen bestehenden Sonderwirtschaftzonen (SWZ) gehört, der SWZ Katowice. Opel baut dort seit Ende der 90er Jahre und profitiert vor allem von niedrigen Einkommenssteuersätzen, die in den SWZ gelten.
Jan Opielka, Warschau
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