Ukraine

Ein Sieger, viele Gewinner

Viktor Janukowitsch scheint die Präsidentenwahl in der Ukraine für sich entschieden zu haben. Und es ist der Sieg eines ganzen Zirkels von Wirtschaftstreibenden. Denn Janukowitsch verdankt seine Rückkehr an die Macht vor allem einem Umstand: der Gunst und den Überweisungen einer ganzen Reihe steinreicher Unternehmer. Hinter Januokwitsch schwimmen die dicksten Fische des ukrainischen Big-Business: etwa Rinat Achmetow, der reichste Mann der Ukraine, einer der reichsten Europäer überhaupt (geschätztes Privatvermögen: 9,2 Milliarden Dollar); Igor Kolomoojski, der zweitreichste Ukrainer oder der geschasste Gashändler Dmitri Firtasch.

Hauptfigur in diesem Reigen aber ist Achmetow. Er ist Hauptfinanzier von Janukowitschs Partei der Regionen und zugleich einer ihrer Begründer. Er ist Abgeordneter im Parlament, aber vor allem ist er milliardenschwerer Stahl-Unternehmer und Eigentümer des Fußballclubs Schachtar Donezk. Seiner ostukrainischen Heimatstadt spendete er zuletzt ein Fußballstadion.

Janukowitschs Sieg ist auch ein Sieg für Achmetow – und das, obwohl sich der Politiker und der Unternehmer alles andere als grün sind. Denn Janukowitsch lässt kaum eine Möglichkeit aus, um sich als Parteichef gegen seinen Geldgeber zu behaupten. So machte er demonstrativ nicht den Wunschkandidaten Achmetows zum Chef seiner Wahlkampagne, sondern einen selbst ausgewählten Mann. Das wurde als Schlag ins Gesicht Achmetows bewertet. Im Vorfeld des Wahlkampfs war sogar vermutet worden, die Partei der Regionen könne zwei Kandidaten ins Rennen schicken: eben Janukowitsch und einen Mann Achmetows.

Anlass des Streits zwischen Achmetow und Janukowitsch ist das russophile Auftreten des neuen Präsidenten. Zu viel Nähe zu Russland schadet dem Geschäft. Die Märkte der ukrainischen Stahl-Magnaten liegen im Westen, und mit den Russen können und wollen sie nicht in Konkurrenz treten. Dennoch unterstützen Magnaten wie Achmetow lieber Janukowitsch: Ihnen geht es um Sicherheiten und Garantien, um Berechenbarkeit.  Janukowitsch kann ihnen diese bieten, zumindest mehr als seine Kontrahentin Julia Timoschenko.

Timoschenko hatte sich mit einer Reihe an Maßnahmen bei den Reichen unbeliebt gemacht, beispielsweise durch die Liquidation des von dem Gashändler Dmitri Firtasch kontrollierten Gaszwischenhändlers RosUkrEnergo im vergangenen Winter. Oder als sie den Verkauf des Stahlwerks Krivoryzhstal für 800 Millionen Dollar an Achmetow und Viktor Pinchuk anfocht und 2005 auch tatsächlich rückgängig machte. Anschließend wurde das Werk für fünf Milliarden Dollar an ein indisches Konsortium verkauft. Ein Gewinn für den Staat. In ukrainischen Businesskreisen brachte das Timoschenko den Ruf ein, nicht berechenbar zu sein.

Seither sind fünf Jahre vergangen. Und auch Timoschenko hat sich mit den Wirtschaftszirkeln arrangiert. So hat sich vor allem in diesem Wahlkampf eines gezeigt: Die Zeiten klarer Loyalitäten in den Reihen der Magnaten sind vorbei. Vollständig mit Timoschenko verscherzen wollte es sich deshalb im Wahlkampf niemand. So gab es Berichte, dass aus Achmetows Kasse auch Geld an Timoschenko floss – nur eben nicht offen.

Andere enthielten sich gänzlich: etwa Viktor Pinchuk, der bisher mit dem ostukrainischen Industriegebiet Donbass auch politisch eng verbandelte Stahl-Magnat und Schwiegersohn von Ex-Präsident Leonid Kuchma. Er feilt seit Jahren an seinem Image als Philanthrop, baut seine öffentlich und gratis zugängliche Sammlung moderner Kunst in Kiew stetig aus und widmet sich den schönen Dingen – Politik zählt dazu anscheinend nicht.


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