Junk-Food-Steuer in der Kritik
Der rumänische Gesundheitsminister Atilla Cseke will ab dem 1. März 2010 alle inländischen Unternehmen gesondert besteuern, die ungesundes Essen wie Fast-Food-Produkte, Erfrischungsgetränke und Süßigkeiten importieren, produzieren oder vertreiben. Mit den Einnahmen möchte die Regierung den Haushalt des Gesundheitsministeriums auffüllen. Immer mehr Personen seien von Übergewicht, Diabetes, Bluthochdruck und Herzkrankheiten betroffen, so Cseke. Deshalb sollen die zusätzlichen Einnahmen für Gesundheitsprogramme ausgegeben werden.
Die Steuer ähnelt einer älteren Verbrauchersteuer – der vom ehemaligen Gesundheitsminister eingeführten „Lastersteuer“ für Tabak und Alkohol. Die zusätzlichen Einnahmen sollten damals für ein Evaluierungsprogramm zur Volksgesundheit ausgegeben werden. Allerdings gibt es bis heute keine Informationen darüber, wie das Geld tatsächlich verwendet wurde und was das Ergebnis dieser Evaluation war. Die Steuer gibt es heute noch. Der einzige Erfolg der nun geplanten Junk-Food-Steuer werden deshalb höhere Staatseinnahmen sein, kommentierte die Tageszeitung Adevărul.
Die Gewerkschaften in der Lebensmittelindustrie haben bereits gegen die Abgabe protestiert. Dragos Frumosu, Präsident der Föderation der Gewerkschaften der Lebensmittelindustrie, erklärte, dass diese Steuer eine Last für die Endverbraucher sein werde, insbesondere in der aktuellen Wirtschaftskrise: „Die Produkte werden teurer, weil kein Produzent es sich derzeit leisten kann, Geld zu verlieren. So könnten kleine und mittlere Produzenten vom Markt gefegt werden, denn jede Preiserhöhung führt zu einer Verringerung der Kundschaft.“
Vor allem rumänische Kinder und Jugendliche sind von Übergewicht betroffen. Eine Fast-Food-Steuer schafft da kaum Abhilfe, befürchten Ernährungsexperten. Foto: Sebastian Marcovici.
Auch der Leiter der „Akademischen Rumänischen Gesellschaft“ Sorin Ionita kritisiert die Steuer: „Die Verteuerung dieser Produkte wird die Rumänen nicht dazu bringen, gesünder zu essen, denn Junk-Food bleibt noch immer die billigste Alternative zu hochwertigen, aber teureren Lebensmitteln. Die falsche Ernährung der Bevölkerung hängt nicht von der Anzahl der gegessenen Hamburger ab, sondern vom fehlenden Bewusstsein der meisten Rumänen für gesunde Ernährung.“ Gesundheitsprogramme könnten da durchaus Abhilfe schaffen, doch wie ein Programm zur Förderung des Ernährungsbewusstseins der Bevölkerung aussehen könnte, darüber hat Gesundheitsminister Atilla Cseke noch kein Wort verloren.
Auch andere Experten sind der Meinung, dass das Bewusstsein für gesunde Ernährung von zentraler Bedeutung ist: „Kein Gesetz kann reelle Effekte haben, wenn man der Bevölkerung nicht erklärt, was eine gesunde Ernährung bedeutet“, so der Ernährungsexperte Gheorghe Mencinicopschi. „Leider liegt Rumänien in der Europäischen Union ganz vorne, was ernährungsbedingte Krankheiten betrifft. Das Gesundheitsministerium sollte sich vor allem darum sorgen, dass wir bei Kindern und Jugendlichen schon von einer Übergewichts-Epidemie sprechen können.“
Laut Informationen der Weltgesundheitsorganisation ist einer von vier Rumänen fettleibig, eine von zwei Personen hat Übergewicht. Zwar dürfen in den Schulen seit Oktober 2008 keine Fast-Food-Produkte mehr verkauft werden, doch gibt es keine offiziellen Statistiken darüber, ob die Maßnahme positive Folgen hatte. Dafür sei es zu früh, meinen die Behörden.
Der 39-jährige Alexandru Tatu, der auch ohne Junk-Food-Steuer fast 30 Kilogramm abnahm und einen entsprechenden Wettbewerb gewann, findet, dass die Versteuerung der Junk-Food-Produkte mit einer nachhaltigen Erziehung der Bevölkerung gekoppelt werden müsse. Gesund leben bedeute auch regelmäßige körperliche Aktivität: „Bis vor zwei Jahren war ich selbst ein großer Fan der Fast-Food-Produkte. Als mir klar wurde, dass ich übergewichtig bin, habe ich mich entschlossen, etwas dagegen zu tun.“ Derzeit bereitet sich Tatu auf seinen ersten Marathonlauf vor.