Polen

Ein Lied auf polnisch – Interview mit Thomas Godoj

(n-ost) – Mittlerweile ist Thomas Godoj die Identifikationsfigur der im Ruhrgebiet lebenden Polen und erhielt 2008 den Preis Journalia vom polnischen Magazin Samo Zycie für seinen Beitrag zur deutsch-polnischen Völkerverständigung. Nun baut er auch seine musikalischen Kontakte nach Polen weiter aus. Auf dem neuen Album, das in wenigen Wochen erscheint, wird er auch einen Song in polnischer Sprache singen.

Frage: Sehen Sie sich in der Rolle eines Vermittlers und Botschafters zwischen Deutschland und Polen?

Thomas Godoj: Ich komme aus Polen, ich bin dort geboren und da sind meine Wurzeln. Ob ich eine Rolle spiele, das weiß ich nicht. Wahrscheinlich wird das irgendwie so angesehen. Ich würde nie etwas Negatives über – also über gar kein Land würde ich etwas Negatives sagen. Überall leben Menschen und es gibt überall böse Menschen und auch gute Menschen.


DSDS-Gewinner Thomas Godoj 2. Foto: Andreas Läsker (Sony Music)

Sie leben seit 1986 in Deutschland. Wie sehen heute Ihre Kontakte nach Polen aus?

Vor kurzem war ich in Polen bei meiner Familie, hatte aber auch ein Meeting mit Robert Gawlinski, dem Sänger der polnischen Band Wilki. Ich habe mich mit ihm getroffen, um Songs zu schreiben, weil ich auf dem neuen Album im November einen polnischen Song veröffentlichen möchte.

Wie gut sprechen Sie denn polnisch?

Ich gebe es ja ehrlich zu, mir fehlen nach den ganzen Jahren, in denen ich nicht so viel polnisch gesprochen habe, die Vokabeln. Ich verstehe sie zwar und sie kommen mir auch wieder in den Sinn, aber selbst einen Text auf polnisch schreiben – das könnte ich nicht. Ich habe Robert deswegen eher das Gefühl beschrieben, über das ich gerne schreiben möchte. Und es hat mich wahnsinnig gefreut, Robert Gawlinski kennen zu lernen, denn er ist einer der besten polnischen Texter, die es gibt.

Haben Sie in Polen Konzerte gespielt?

Bisher noch nicht, aber wir haben es vor. Das ist eine Sache meiner Plattenfirma, damit habe ich nichts zu tun, ich habe es halt erwähnt – mehrmals. Aber das ist alles noch in Planung.

Gibt es auch Reaktionen von polnischen Fans?

Aus meiner Heimatstadt Rybnik auf jeden Fall – dort kennen mich alle. In Rybnik, Gleiwitz, Kattowitz und Umgebung hat es sich schon ein bisschen herumgesprochen.

Im vergangenen Jahr wurde Ihnen im Rahmen des Concert Gwiazd in Essen von der polnischen Zeitschrift Samo Zycie ein Preis für Ihren Beitrag zur deutsch-polnischen Völkerverständigung verliehen. Wie war das?

Das war für mich eigentlich sehr überraschend. Ich war der einzige deutsche Act auf der Bühne an diesem Abend, es waren sonst nur polnische Bands dort. Es war sehr rührend, ich hätte mir niemals erträumt, dass ich so einen Preis bekommen würde. Das war wunderschön.

Wie kam es eigentlich dazu, dass Sie mit Ihrer Familie nach Deutschland ausgewandert sind?

Wir, also meine Eltern, meine Schwester und ich, haben in Jugoslawien Urlaub gemacht und dort haben sich meine Eltern kurzfristig dazu entschieden, auszureisen.

Ohne jegliche Vorbereitungen?

Ja, richtig. Ich weiß nicht genau, warum. Das habe ich sie nie gefragt. Wir haben noch einen Monat in Jugoslawien gelebt und auf das Visum gewartet und sind dann nach Deutschland gefahren.

Ging es direkt nach Recklinghausen?

Nein, wir waren erst in Friedland, das ist, glaube ich, in Bayern. Für uns Kinder war es eigentlich ein riesiges und spannendes Abenteuer, für unsere Eltern wahrscheinlich nicht. In Friedland waren wir zwei Tage in einem Lager und dann sind wir nach Unna-Massen gekommen, das ist bei Dortmund. Dort sind wir zwei Monate gewesen und dann wurden wir für zwei Jahre nach Mettmann bei Düsseldorf geschickt. Da hat mein Vater einen Deutschkurs besucht, obwohl er ja schon der deutschen Sprache mächtig war, denn er hatte damals in Polen Deutsch studiert.


DSDS-Gewinner Thomas Godoj. Foto: Andreas Läsker (Sony Music)

Haben Sie zu der Zeit auch schon deutsch gesprochen?

Nein, überhaupt nicht! Ich habe hier deutsch gelernt, aber ich habe erst nach acht oder neun Monaten das erste Mal meinen Mund aufgemacht. Als Kind nimmt man das alles irgendwie auf und dann kommt es auf einmal raus ... Die erste Klasse habe ich in Polen besucht, dann sind wir in den Urlaub gefahren – und die zweite Klasse dann komplett in Deutschland. Nachdem wir zwei Jahre in Mettmann waren, hat mein Vater einen Job in der Nähe von Recklinghausen bekommen und wir sind dorthin gezogen.

Wurde in Ihrer Familie polnisch oder deutsch gesprochen?

Es war so, dass wir zu Hause über die ganzen Jahre nicht allzu viel polnisch gesprochen haben, weil wir uns an die deutsche Sprache gewöhnen wollten. Außerdem hatte ich deutsche Freunde und wurde in der zweiten Klasse in eine deutsche Familie gesteckt, damit ich die Sprache lerne. Später, als sich unser Freundeskreis verfestigte, hatte ich auch polnische Freunde.

Wurde für Ihren deutschen Pass auch Ihr Name geändert?

Tomasz Jacek heiße ich. Zweitname Jacek. Ich glaube, das musste man bei den deutschen Behörden so machen. Viele nennen mich aber auch Tomek.

Wird Ihre Tochter, die jetzt neun Monate alt ist, auch polnisch lernen?

Ja, ich versuche schon, in zwei Sprachen mit ihr zu reden. Ich sage etwas auf deutsch und dann sage ich es auch auf polnisch. Ob das alles funktionieren wird und sie das komplett versteht – wir werden sehen.

Was ist Ihrer Meinung nach zwischen Deutschland und Polen die größte Barriere – die größte Schwierigkeit?

Also, ich persönlich sehe da eigentlich gar keine Schwierigkeiten. Ich bin Musiker, ich bin auf der Bühne und will den Leuten positive Energie vermitteln. Alle Menschen sind für mich gleich und es gibt da auch keine Grenzen.

Ist das auch der Grund, warum Sie Musik machen?

Ja, absolut, weil Musik das am besten tragen kann. Und für mich spielte die Musik immer die wichtigste Rolle und war ein Halt. Klar, wenn man jetzt im Nachhinein darüber nachdenkt, war für mich Musik auf jeden Fall der stärkste Halt. Als man Jugendlicher wurde und Bindungen suchte, da hat man sich andere Wege gesucht, wie man sich wohl fühlen konnte. Und das war bei mir die Musik. Und weil es natürlich auch früher immer irgendwelche Vorurteile gab, sodass man sich vernachlässigt fühlte, oder weil man die Sprache vielleicht nicht ganz so genau sprechen konnte, habe ich Musik gemacht.


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