Karel Gott wird 70
Die „goldene Stimme aus Prag“ ist derzeit glücklicher denn je
(n-ost) - “Wenn ich ein Wort nicht in meinem Sprachschatz habe, dann ist es das Wort Rentner”, sagte Karel Gott dieser Tage einer großen tschechischen Zeitschrift. Über dieses Wort denke er auch jetzt nicht nach, wo sich sein 70. Geburtstag mit Macht nähert. Am Dienstag begeht er ihn, doch er wird hinein feiern, in einem Prager Nobelhotel am Wenzelsplatz, im “kleinen Kreis” von 1500 geladenen Gästen.In der Tat könnten nur böswillige Ignoranten Karel Gott die 70 Lenze ansehen. Vital, lebhaft gestikulierend, scherzend - so gibt er sich nicht nur, so ist er wirklich. “Die Liebe zur Musik hat mir mein Leben lang Energie verliehen. Das ist ein großes Glück. Musik heilt. Und krank wird nur der, der in seinem Leben nicht genügend Freude gehabt hat.“In Erinnerungen zu schwelgen, ist Karel Gotts Sache nicht. Dabei könnten die eine einzigartige Karriere reflektieren. Seiner Liebe zu Künsten wie der Malerei und dem Gesang konnte er anfangs nicht nachgehen. So wurde er denn Elektromonteur, etwas Handfestes. Als es ihn dennoch auf die Bühne zog und er seine erste Platte einspielte (“Moon River” mit tschechischem Text), füllte er eine Marktlücke. In der Tschechoslowakei der 1960er Jahre gab es keine West-Schallplatten. Die westlichen Hits, die Gott nachsang, gingen wie warme Semmeln über die Ladentische. Ein richtiger Rocker war er damals, der nicht nur das hohe C meisterte, sondern auch einen kernigen Hüftschwung.Für das deutsche Publikum wurde Karel Gott auf seriös getrimmt. Weißes Hemd, Anzug, Krawatte - er war das Gegenteil der rebellierenden deutschen 68er - eine Wohltat für viele. Über 100 Alben hat er produziert, mehr als 30 Millionen Tonträger verkauft, 34 Mal wurde er in seiner Heimat Publikumsliebling. Wahrhaft göttlich.Das Publikum ist ihm immer am wichtigsten gewesen. “Wenn die Leute sagten: ’Der war aber heute Abend besser denn je‘, dann war ich zufrieden“, sagt Gott, „ich habe immer nur versucht, die Leute für ihren Beifall zu entschädigen”. Gut verdient hat er in all den Jahren natürlich auch. “Es heißt nicht umsonst Showbusiness”, lächelt er. Der Erfolg, auch der finanzielle, scheint ihm nie zu Kopf gestiegen zu sein. Im Gespräch ist der “Meister”, wie ihn die Tschechen ehrfürchtig nennen, zurückhaltend und bescheiden. Eben ein Star, der immer nach Perfektion strebt.Und dem verzeiht das Publikum auch viel. Seine “Jugendsünde” etwa, sich vom kommunistischen Regime einspannen zu lassen gegen die Dissidenten der Bürgerrechtsbewegung Charta 77. Und letztlich auch seine Hochzeit mit Ivana. “Ich habe mich immer gegen eine Ehe gesträubt. Ich wollte meine weiblichen Fans nicht verletzen, glaubte, ich müsste immer nur verliebt sein. Und ich hatte auch Angst vor einer möglichen Scheidung”, erklärt er seine lange Bange, vor den Traualtar zu treten. Die Liebe zu Ivana und die Geburt ihrer beiden kleinen Töchter bescheren Karel Gott derzeit die glücklichsten Jahre seines Lebens, wie er selbst sagt. Und die sind ihm Inspiration, weiter zu machen. “Nur keine Veränderung. Aber immer mit dem Gefühl, dass das Beste erst noch kommt“, sagt der Star. „Ich gebe auf der Bühne immer das Beste. Anders würde mir die Arbeit keinen Spaß machen.”
Hans-Jörg Schmidt
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