Autofahrer fühlen sich von Deutschen schikaniert
Tschechiens Autofahrer fühlen sich durch deutsche Polizisten erniedrigt – Prag will nun mit ähnlich strengen Verkehrskontrollen nachziehen(n-ost) – Im Prager Innenministerium häufen sich Berichte tschechischer Autofahrer über Schikanen der deutschen Polizei seit dem Wegfall der Grenzkontrollen. Nun will die tschechische Polizei ihrerseits die Verkehrskontrollen für deutsche Autofahrer entlang der Grenze verstärken. „Wir planen nach dem Ende der tschechischen Ratspräsidentschaft in der EU die Einführung von Maßnahmen, um an der Grenze zu Deutschland Ausgewogenheit herzustellen“, heißt es nebulös aus dem Innenministerium.„Am 8. Mai dieses Jahres kehrte ich mit zwei Kollegen von einer Dienstreise aus der Schweiz zurück. Auf einem Parkplatz unweit von Nürnberg näherten sich uns zwei Männer aus einem schwarzen BMW und wiesen sich mit ihren Dienstmarken aus“, heißt es in einem der Berichte, die das Prager Innenministerium erhält. Bei der Kontrolle mussten die drei Tschechen das gesamte Fahrzeug ausräumen. Die Fragen der Beamten, heißt es weiter, zeugten davon, dass es ihnen nur darum ging, die Kontrollierten zu erniedrigen – „weil wir Tschechen sind“. Und weiter: „Weil wir einen Stück Schlauch für elektrotechnische Arbeiten im Wert von maximal 5 Euro im Auto hatten, wurden wir des illegalen Handels verdächtigt. Einem Kollegen wurde die Länge einer Taschenmesserklinge gemessen, die nicht länger als 12 Zentimeter sein durfte. Und so weiter und so fort. Es handelte sich schlicht um Erniedrigung, nichts anderes. Am Schluss wurden wir wie geprügelte Hunde mit der Aufforderung davon gejagt, wir sollten jetzt gefälligst weiter fahren.“Derzeit liegen dem tschechischen Innenministerium etwa 60 Beschwerden tschechischer Bürger über vermeintliche Polizei-Schikane in Deutschland vor. Die meisten Zwischenfälle werden aus dem Freistaat Bayern berichtet. „Am häufigsten wenden sich Leute an uns, die im Grenzgebiet von einer deutschen Polizeistreife angehalten werden, die während der Kontrolle neben der Feststellung der Identität der Insassen auch den Fahrzeuginhalt untersucht, einschließlich Gepäck und persönliche Dinge. Nicht selten werden Leibesvisitationen durchgeführt. Wir haben auch einige Berichte über Urin- und Schleimhautproben erhalten“, beschreibt Sarka Machotkova vom Innenministerium in Prag die Lage.Tschechien hat die deutsche Seite wiederholt auf das Problem angesprochen und dieses auch in einer entsprechenden Arbeitsgruppe des Europarats thematisiert, jedoch ohne Erfolg. „Der Europarat hat sich für nicht zuständig erklärt, die Sicherheitsmaßnahmen auf dem Gebiet einzelner Mitgliedsstaaten zu beurteilen“, bedauert Jan Sliva von der ständigen tschechischen Vertretung bei der EU.Konkrete Beschwerden gab das Prager Innenministerium bislang an die deutsche Botschaft weiter. Dort wurden sie übersetzt und an das Bundes-Polizeipräsidium in Potsdam geschickt. „Bislang haben wir aber noch nicht einen Fall gehabt, bei dem die deutsche Seite eine Beschwerde als begründet eingestuft hätte“, sagt man im Prager Innenministerium.Gemeinhin erkläre sich die Bundespolizei für nicht zuständig, fielen die Kontrollen doch in die Kompetenz der Landespolizei-Dienststellen von Sachsen beziehungsweise Bayern. Tschechen, die sich beschweren wollen, bekommen nunmehr von ihrem Innenministerium die Adressen dieser Dienststellen. Ihre Beschwerde müssen die verärgerten Tschechen dann auf Deutsch formulieren.Die deutschen Behörden sind über die angedachten Gegenmaßnahmen nach Aussage des tschechischen Innenministeriums noch nicht in Kenntnis gesetzt worden. „Sie wissen aber, dass wir seit langem mit der deutschen Kontrollpraxis nicht einverstanden sind und eine grundsätzliche Änderung wünschen“, sagt Sarka Machotkova.Die deutsche Botschaft weist indessen den Vorwurf der „Schikane“ zurück. In einer Erklärung, die schon vom April vergangenen Jahres stammt, werden die Kontrollen als „im Interesse der Bürgerinnen und Bürger liegend“ bezeichnet. Mit Schikane habe das nichts zu tun. Die Botschaft erinnerte zugleich daran, dass die Kontrollen Teil des Schengen-Kodexes seien und sich an ihnen häufig auch tschechische Beamte beteiligten.Tschechische Zeitungen warnen indessen davor, jetzt verstärkt deutsche Autofahrer in Tschechien kontrollieren zu wollen. Man müsse sich nicht auf das selbe Niveau begeben, wie die Nachbarn. „Das wäre die größte Dummheit, die wir begehen könnten. Lassen wir die Deutschen, aber auch alle anderen, für die die Grenzen offen sind, in Ruhe fahren. Kontrollieren wir sie nicht, weil die Grenzen weggefallen sind und die Zöllner in Polizeiuniformen womöglich keine neue erfüllende Arbeit haben. Es ist die Schande der deutschen Seite, wenn sie grundlos die Laune der Leute mit ihrem Vorgehen vergiftet“, kommentierte die Tageszeitung „Mlada fronta Dnes“.Hans-Jörg Schmidt
ENDENachdruck und Weiterverwertung dieses Artikels sind kostenpflichtig. Informationen im n-ost-Büro unter (030) 259 32 83 - 0