Ostpartnerschaft weckt Hoffnungen
Das neue Bündnis der EU mit sechs ehemaligen Sowjetrepubliken soll die Demokratisierung dieser Länder voranbringen und bei der Lösung ethnischer Konflikte helfen
(n-ost) – Die Staats- und Regierungschefs der Europäischen Union (EU) gründen am Donnerstag in Prag mit sechs ehemaligen Sowjetrepubliken die Ostpartnerschaft. Während diese Initiative Polens und Schwedens aus dem Jahr 2007 von anderen EU-Staaten am Anfang nicht ganz ernst genommen wurde, hat ihr die EU vor allem seit dem Krieg im Kaukasus im August 2008 immer mehr Bedeutung beigemessen. Auf Seiten der postsowjetischen Länder – die Ukraine, Weißrussland, Moldau, Georgien, Armenien und Aserbaidschan – sind die Erwartungen groß.
So hofft die Ukraine darauf, dass die Partnerschaft ein großer Schritt in Richtung EU-Mitgliedschaft ist. Indes machte Brüssel mehrmals deutlich, dass es sich bei der Ostpartnerschaft auf keinen Fall um eine Vorstufe für eine EU-Mitgliedschaft handele. Auch für Weißrussland bedeutet die neue Partnerschaft eine Perspektive in Richtung EU. Während Oppositionsvertreter von einer EU-Mitgliedschaft träumen, geht es für den weißrussischen Präsidenten Alexander Lukaschenko vorerst um eine Intensivierung der Kontakte zur EU, um nicht einseitig von Russland abhängig zu bleiben.
Zunächst war Weißrussland gar nicht für die Ostpartnerschaft vorgesehen. Präsident Lukaschenko war wegen seines autokratischen Führungsstils international isoliert. Inzwischen hat die Regierung in Weißrussland mit einer vorsichtigen Liberalisierung begonnen. Darauf hatte die EU mit gelockerten Einreisebestimmungen für Lukaschenko und weitere Regierungsmitglieder und der Aussicht auf die Beteiligung bei der Ostpartnerschaft reagiert. Die Tatsache, dass das weißrussische Parlament die Anerkennung der Unabhängigkeit der abtrünnigen georgischen Republiken Abchasien und Südossetien nicht auf die Tagesordnung seiner Frühjahrstagung gesetzt hat, dürfte zur Aufnahme in die Riege der Länder für die Ostpartnerschaft geführt haben.
Die neue Partnerschaft umfasst ein Freihandelsabkommen, eine schrittweise Integration in die Wirtschaft der EU-Länder und vor allem Erleichterungen bei den Einreise- und Visabestimmungen. Zugleich sollen mit Finanzhilfen von 600 Millionen Euro für die kommenden vier Jahre die Reformbestrebungen der Länder unterstützt werden. Denn neben Weißrussland, das am weitesten von demokratischen Reformen entfernt ist, bestehen auch in den übrigen fünf Ländern Defizite bei der demokratischen Entwicklung.
Die von Kommunisten geleitete Regierung in der Republik Moldau unterdrückte im April grausam die Proteste der Opposition gegen Wahlfälschungen. In Georgien schuf sich Micheil Saakaschwili eine autoritäre Macht, gegen die seine ehemalige Kameraden aus den Tagen der Rosenrevolution heute kämpfen. In Armenien fand eine Machtübergabe innerhalb des regierenden Karabach-Klans und in Aserbaidschan eine Machtübergabe vom 2003 verstorbenen Vater Hejdar Alijew an seinen Sohn Ilham statt, der sich im März in einem umstrittenen Referendum die lebenslange Regentschaft gesichert hat.
Außerdem dauern in Aserbaidschan, Georgien und Moldau seit zwei Jahrzehnten ethnische Konflikte an, die zum Teil blutig geführt wurden. So hat mit dem Krieg in Georgien der Konflikt um Südossetien und Abchasien einen traurigen Höhepunkt gefunden. In Aserbaidschan ist es nicht gelungen, den Konflikt um die abtrünnige Autonomie Berg Karabach zu lösen. Seit 1994, seit dem Waffenstillstand zwischen Aserbaidschan und Armenien, befindet sich das Land faktisch im Kriegszustand. Schließlich ist auch der Konflikt zwischen Moldau und Transnistrien keineswegs gelöst.
Vor allem wegen der Einbindung Weißrusslands und Armeniens in das neue Modell stößt die Ostpartnerschaft auf scharfe Kritik des Kremls. Die EU wolle die ehemaligen Sowjetrepubliken in ihren Einflussbereich bringen. Damit erfülle sie die Vereinbarungen mit Moskau nicht, lautet die Kritik mehrerer russischer Politiker. Während die Länder der Sicherheitsallianz GUAM (Georgien, die Ukraine, Aserbaidschan und Moldau) schon immer eine prowestliche Politik führten, gelten Weißrussland und Armenien immer noch als engste Verbündete Russlands im postsowjetischen Raum. Die Ostpartnerschaft und die Zusammenarbeit mit Russland seien zwei verschiedene Dinge, sagte Mark Franko, der Vertreter der Eurokommission in Russland, als Antwort auf diese Kritik dem Radiosender Echo Moskwy. Brüssel wolle beide Richtungen entwickeln.
Vougar Aslanov
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